Pressemitteilung vom 23.09.2021 anlässlich der massiven Entlastung von Lina E.

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Leipzig, den 23.09.2021

In der dritten Verhandlungswoche stand der Fall um den ehemaligen NPD-Stadtrat Enrico Böhm im Fokus. Am Dienstag, den 21.09., wurden bereits zwei Zeuginnen geladen, die zu dem Fall Böhm befragt wurden. Ihre Ausführungen hätten unterschiedlicher nicht sein können. Die beiden Zeuginnen machten Angaben zu Personen, die sie vor oder nach dem Übergriff gesehen haben wollen – nicht jedoch währenddessen. Eine Zeugin berichtete, sie habe im Vorbeilaufen eine Person gesehen, von der sie annimmt, dass es sich um eine Frau gehandelt haben könnte. Die vermeintliche Frau wurde mit einer dunklen Haarfarbe, schulterlangem Bobschnitt und geradem Pony beschrieben. Sie wurde damals von der Polizei dazu aufgefordert, ein Phantombild erstellen zu lassen, obwohl sie sich weder an Augen, noch an irgendetwas anderes erinnern konnte. Das Phantombild wurde maßgeblich von einem PC-Programm erstellt, da lediglich Mütze und Haare beschrieben werden konnten. Das hielt das LKA nicht davon ab, auf Lina zu schließen. „Hier wird die Motivation der Soko LinX besonders deutlich. Man will auf Biegen und Brechen das ‚Portfolio der Taten‘ erweitern, um die Ermittlungsthese der kriminellen Vereinigung zu unterfüttern. Und sei es nur der öffentlichen Wirkung wegen“, kommentiert Marta Zionek, Sprecherin des Solidaritätsbündnis Antifa Ost.

Die Aussage der zweiten Zeugin scheint nicht weniger verwirrend: Ihrem „Bauchgefühl“ nach hätte es sich um eine Frau handeln können. Auf die Frage, woran sie das festmache, entgegnete sie, sie habe eine hellblonde Strähne gesehen, die aus einer Sturmhaube heraus schaute. Weder die Bekleidung noch das Aussehen sind hier übereinstimmend. Marta Zionek fasst zusammen: „Alle, die nicht für das LKA Sachsen arbeiten, gehen davon aus, dass hier zwei verschiedene Personen beschrieben werden, doch die Soko LinX hält weiter an ihrer These fest“.

Der Geschädigte – der ehemalige NPD-Stadtrat Enrico Böhm – widerlegt die Ermittlungsthese endgültig: Der Angriff auf ihn sei definitiv von vier Männern mit einer Größe von über 1,80m ausgeübt worden. Alle seien sportlich und seiner Auffassung nach kampfsporterfahren gewesen. Obwohl die Bundesanwaltschaft mehrmals darauf zu insistieren versuchte, der Geschädigte habe keine absoluten Angaben zum Geschlecht der Täter gemacht, wiederholte Böhm im Zeugenstand: Es waren „vier männliche Täter, dabei bleibe ich.“

Als Solidaritätsbündnis stellen wir nach der Zeugenanhörung fest, dass den Aussagen zufolge keine Frau, besonders keine Lina E., beteiligt war. Wir haben gesehen, dass die Bundesanwaltschaft nicht von ihrer These ablassen will, obwohl der Geschädigte mehrfach wiederholt hat, dass sich keine Frau beteiligt habe. Es liegt nahe, dass das Konstrukt der kriminellen Vereinigung zu kippen droht und nun an bereits vermittelten Thesen festgehalten wird. „Sowohl der Generalbundesanwalt als auch die Soko LinX treten in diesem Verfahren als politische Akteure auf und müssen ihr aufgeblasenes Ermittlungskonstrukt aufrecht erhalten, um sich nicht zu blamieren.“, stellt Marta Zionek fest.

Seit dem 07.09. verfolgt das Solidaritätsbündnis den Prozess um das Antifa Ost-Verfahren am Oberlandesgericht Dresden. Seit nunmehr sechs Verhandlungstagen ist das Klima im Gerichtssaal geprägt vom Schlagabtausch zwischen der Bundesanwaltschaft, der Verteidigung und dem vorsitzenden Richter Hans Schlüter-Staats. Dieser versucht immer wieder die Verteidigung in ihrer Arbeit einzuschränken. Anträge wurden eingangs unterbrochen oder lapidar abgewiesen – manchmal wurde die Begründung hierfür nicht einmal ausgeführt, da nach Meinung des Vorsitzenden die Zuschauenden ohnehin nicht verstünden, worum es gehe. Die Bundesanwaltschaft meldete sich häufig nur zu Wort, um dem Vorsitzenden zuzustimmen, während die Nebenklage durch Missachtung der Prozessordnung auffiel und immer wieder unaufgefordert kommentierte. Nicht zuletzt fertigte der rechte Nebenklageanwalt Martin Kohlmann ein Foto der Angeklagten an, welches nur Minuten später durch den Faschisten Sebastian Schmidtke via Twitter veröffentlicht wurde.