Bericht vom 42. Prozesstag – Mittwoch, 06.04.2022

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Bericht vom 42. Prozesstag im Antifa Ost-Verfahren am OLG Dresden am 06.04.22.

Am 42. Prozesstag ging es um die Zeugenvernehmungen von Brian Engelmann, einem ehemaligen Jurastudenten und Faschisten aus Leipzig und die eines Kommandoführers des MEK (Mobiles Einsatzkommando) Dresden, welcher in den Munitionsdiebstahl des MEK Sachsen verwickelt ist und damit Verbindungen zum Nordkreuz aufweist.

Als erstes trat der Zeuge Brian Engelmann auf, wurde vom Vorsitzenden ordnungsgemäß belehrt und dann zu den Geschehnissen um einen möglichen Angriff auf ihn im Sommer 2020 befragt.

Der Zeuge erklärte, dass er sich zu dieser Zeit in der Prüfungsphase des Zweiten Juristischen Examens befand und als Vorsichtsmaßnahme wegen eines möglichen Angriffs in organisierten Fahrgemeinschaften zu den Prüfungstermin fuhr. An einem Prüfungstag habe er auf dem Gelände vor dem Prüfungsort eine schwarz gekleidete Person gesehen, die dann jedoch gegangen sei. Der Vorsitzende fragte dann, wie der Zeuge von dem möglichen Angriff auf ihn erfahren habe. Engelmann sagte, dass er damals einen Anruf von einem befreundeten Anwalt bekommen habe. Der Anwalt wiederum soll einen Anruf von einem Beamten von der SoKo Linx bekommen haben, der ihm eine Telefonnummer gab, die Engelmann anrufen solle. Der Zeuge erklärte, dass er dies getan habe und ihm dann gesagt wurde, dass an dem nächsten Montagabend ein Anschlag auf ihn geplant sei. Der Zeuge sagte weiterhin, dass er am nächsten Prüfungstermin, am darauf folgenden Montag Polizeibeamt:innen am Prüfungsort wahrgenommen habe und ihm dann mitgeteilt wurde, dass der konkrete Anschlagstermin in der Nacht sein solle. Engelmann meinte sodann, dass sein Trainer zum Schutz mit zu ihm nach Hause gekommen sei und sie die Nacht wach geblieben seien. Kurz danach habe er von den Hausdurchsuchungen und Festnahmen in der linken Szene Leipzigs gehört.

Auf Nachfrage des Vorsitzenden, wann genau das Gespräch gewesen sei, in dem der Zeuge wegen eines möglichen Anschlages gewarnt wurde, meinte Engelmann, dass es Freitag Nachmittag oder Abend gewesen sei.

Als nächstes stellte der Vorsitzende weitere Fragen zu den Beobachtungen des Zeugen am Montag. Engelmann beschrieb, dass er nach seiner Prüfung im Gebäude eine schwarz gekleidete Person mit Basecap gesehen haben, dass er sich aber unsicher war, ob es sich bei der Person um einen Polizeibeamten oder eine linke Person gehandelt habe. Die Person habe ihn dann jedoch angesprochen und gefragt, wie er nach Hause käme und ihm darauf auch Geleitschutz nach Hause gegeben. Engelmann erklärte weiterhin, dass er an dem Abend draußen noch Fußball gespielt habe und dann auch Beamt:innen vor seinem Haus wahrnahm, die in Zivil aber erkennbar an ihren Ohrsteckern gewesen seien. Auf Nachfrage sagte der Zeuge zudem, dass er an dem Montag um ca. 7:30 oder 7:40 zur Prüfung losgefahren sei.

Darauf kamen weitere Fragen des Vorsitzenden zu dem Beamten am Prüfungsort und zur Lage des Prüfungsortes. Engelmann erklärte, dass die Person ihren Dienstausweis gezeigt habe. Der Prüfungsort sei in Plagwitz gewesen in den Gebäuden der „Garage GmbH“.

Als nächstes fragte der Vorsitzende zu dem Ablauf der Fahrgemeinschaft. Der Zeuge sagte, dass er mit einem Mietauto abgeholt worden sei, sie mit diesem dann zu einem Ort gefahren seien, wo das richtige Auto des Fahrers gewesen sei, in dieses dann eingestiegen und damit zur Wohnung des Zeugen weitergefahren seien. Die anderen Personen im Auto seien Bekannte/Freunde des Zeugen gewesen und hätten nicht an den Prüfungen teilgenommen. Der Zeuge erklärte auf Nachfrage, dass die Fahrgemeinschaften zum Prüfungsort inklusive Autowechsel anfänglich geplant waren und der Warnanruf nicht zwangsläufig der Auslöser für die Organisation war. Der Vorsitzende fragte dann, ob die Freunde nach der Fahrt auch mit in die Wohnung kamen und Engelmann erklärte, dass dies an dem Montag nicht passiert sei, da an dem Tag der Beamte vom Prüfungsort mit zur Wohnungstür gekommen sei. Dieser habe sich dann auch noch im Treppenhaus umgesehen. Daraufhin wurde der Zeuge gefragt, ob er noch weitere Polizeibeamt:innen wahrgenommen habe. Engelmann meinte, dass er Zivilwagen und einen Streifenwagen der Polizei am Prüfungsort gesehen habe, er erinnere sich jedoch nicht an andere Dienstwagen. In einer Nebenstraße von seiner Wohnung habe er zudem einen grauen Transporter gesehen in dem Menschen mit Ohrstöpseln und Westen gesessen haben, weswegen er den Wagen auch der Polizei zugeordnet habe.

Danach befragte der Vorsitzende den Zeugen noch einmal zu dem Beamten am Prüfungsort. Engelmann sagte, dass der Polizist, der ihm am Prüfungsort seinen Dienstausweis zeigte, der gleiche war wie der, der ihn mit zur Wohnungstür begleitete. Auf weitere Nachfrage erklärte der Zeuge, das darauf kein weiterer direkter Polizeikontakt erfolgte, sagte jedoch auch, dass er bis Mittwoch oder Donnerstag immer noch von Zivilwagen nach Hause begleitet wurde. Am Mittwoch habe der Zeuge noch einmal bei der Nummer angerufen, die ihm beim Warnanruf gegeben wurde und nachgefragt, ob er noch mit einem Angriff rechnen könne, woraufhin ihm gesagt worden sei, dass die Sache sich erledigt habe.

Anschließend fragte der Vorsitzende, wann und von wem der Zeuge die zweite konkreter Warnung bekommen habe. Engelmann meinte, dass sie von dem Beamten am Prüfungsort am Montag gekommen sei. Auf Nachfrage, ob ihm noch andere auffällige Personen am Prüfungsort aufgefallen seien, erklärte der Zeuge, dass vom „Klientel“ jeder zweite Person am Prüfungsort in Plagwitz tatverdächtig sein müsse. Er wurde danach noch weiter zur „auffälligen Person“ auf der Wiese gegenüber vom Prüfungsgebäude befragt. Diese habe auf ihrem Telefon getippt und sei, als der Freund vom Zeugen bis auf ca. 40 Meter auf sie zulief, weggerannt und habe dabei ihr Fahrrad stadteinwärts Richtung Kanal geschoben.

Nachfolgend fragte der Vorsitzenden nach den Distanzen vom Prüfungsort nach Connewitz und zu ihm nach Hause. Engelmann sagte, dass Connewitz vom Prüfungsort schon weiter entfernt sei und er nach Hause ca. 20 bis 25 Minuten Auto und 15 Minuten Fahrrad fahre. Auf Nachfrage erklärte er zudem, dass er vom Prüfungsort immer direkt nach Hause gefahren sei und von zuhause dann zum Sport.

Als nächstes befragte der Vorsitzende ihn zum Grund der Fahrgemeinschaften. Der Zeuge erzählte, dass der Grund dafür sich schon länger aufgebaut habe und dass es schon des öfteren zu Auseinandersetzungen an der eher linksorienterten Uni Leipzig gekommen sei. Er selber sei eher rechtsorientiert. Auf weitere Nachfrage erklärte er, dass es kleine Vorfälle an der Uni gegeben habe zwischen ihm und linksorientierten Personen und erzählte weiterhin von einem Angriff auf einen Fan des Fußballverein Lokomotive Leipzig, bei dem die Wohnung des Fans von Linken zerstört worden sein soll. Der letztendliche Impuls für die Organisation von den Fahrgemeinschaften käme von Freunden des Zeugen. Engelmann meinte, dass er selber keine Angst gehabt habe, einen Angriff jedoch auf für möglich gehalten habe.

Der Vorsitzende fragte als nächstes, ob der Zeuge Drohungen erfahren habe. Engelmann gab an, dass er einmal in einem Thor-Steinar-T-Shirt in der Uni-Mensa gewesen sei und dann Personen an seinen Tisch gekommen seien und ihn beleidigt haben. Ein anderes Mal sei er von vermummten Menschen im Innenhof des Uni-Gebäudes beleidigt worden. Auf Nachfrage sagte er, dass seine Freunde gemeint habe, dass er durch den Connewitz-Prozess und die Sache mit seinem Referendariat eine Art Promistatus erlangt habe. Seine Freunde seien daher besorgt, Engelmann selber behauptete, dass er für einen „Rechten allerdings sehr weltoffen“ sei und bis auf den „Sturm auf Connewitz“ in der rechtsextremen Szene auch nicht aktiv sei. Auf Nachfrage zu der Sache mit seinem Referendariat erklärte er, dass er aufgrund des Prozesses gegen ihn wegen seiner Teilnahme beim „Sturm auf Connewitz“ zuerst nicht für einen Referendariatsplatz angenommen worden sei, sich allerdings reingeklagt habe. Das Urteil und die Berufung seien dann 2020 gekommen. Er habe darauf gegen das Urteil Revision eingelegt, diese wurde allerdings abgelehnt.

Daraufhin fragte der Vorsitzende nach der medialen Berichterstattung über den Zeugen, die dieser mehrfach nebenbei erwähnte. Engelmann gab an, dass es zum Prozess gegen ihn wegen des „Sturms auf Connewitz“ Berichterstattungen durch den MDR und auch durch Indymedia gegeben habe. Dort seien auch unverpixelte Bilder von ihm aufgetaucht. Es kam eine weitere Nachfrage, ob es beim erstinstanzlichen Prozess am Amtsgericht vermehrt zu Berichterstattungen kam. Engelmann erklärte, dass es nur kleine Berichte auf Facebook, Twitter und Indymedia gab, aber noch keine Printmedien über ihn berichteten. Es kam noch eine weitere Nachfrage zu Nachrichten über den Zeugen in den Medien unabhängig vom Prozess und Referendariat. Der Zeuge beschrieb, dass es Fotos von ihm auf Demos der PEGIDA und Identitären Bewegung gegeben habe, darunter auch eins mit dem rechtsextremen IB-Aktivist Mario Müller. Diesen haben der Zeuge als das Foto entstand allerdings noch nicht gekannt.

Daraufhin wurde der Zeuge gefragt, ob er selber auch in der Identitären Bewegung aktiv sei. Dies verneinte der Zeuge, gab allerdings auch an, dass er auf die Bitte eines Bekannten an einer Gegendemo gegen eine Demo, die gegen ein rechtsextremes Hausprojekt in Halle protestiert, teilnahm. Auf Nachfrage, ob der Zeuge auch bei der NPD oder beim III. Weg aktiv sei, behauptete der Zeuge, dass er „damit nichts zu tun“ habe. Auch sollen keine andere rechten „Aktivist:innen“ auf ihn zugekommen sein.

Nach einer kurzen Pause fragte ein zweiter Richter, ob und wieso die Fahrgemeinschaften nur bei den Prüfungsterminen geplant waren. Engelmann bejahte dies und erklärte, dass Plagwitz auch sehr linksalternativer Stadtteil sei und zu seinen Prüfungsterminen ein guter Zeitpunkt für einen Anschlag gewesen wäre, um ihn von seinen Prüfungen abzuhalten. Der Richter fragte weiterhin, ob der Zeuge vor seinem Examen auch Berichterstattungen über Angriffe auf andere rechte Personen verfolgt hätte. Der Zeuge sagte aus, dass er das nicht genau sagen könne, aber eigentlich immer alles verfolge.

Als nächstes wurde ihn durch den Richter das Protokoll der Polizeivernehmung des Zeugen am 20.12.2020 vorgehalten, indem er gesagt haben soll, dass er nichts beobachtet habe, was für einen Angriff auf ihn spreche. Dies widerspreche sich mit den Erzählungen über die Person mit dem Fahrrad gegenüber vom Prüfungsort. Der Zeuge sagte daraufhin, dass er die Frage bei der Vernehmung vermutlich so verstanden habe, dass es um die Zeit vor dem Examen ginge.

Dann wurde Engelmann gefragt, wann genau er die Ladung mit Zeitpunkt und Ort für den Prüfungstermin bekommen habe. Er vermutete, dass er diese ungefähr ein bis zwei Monate vor der Prüfung bekommen habe und erklärte auf Nachfrage weiterhin, dass er damals am Landgericht in Chemnitz angestellt gewesen sein und seine Prüfungen auch genau so gut in Chemnitz oder Dresden hätte schreiben können.

Anschließend wurde der Zeuge vom Richter gebeten auf einer Karte des Prüfungsortes zu zeigen, wo genau sich die Person mit den Fahrrad befunden habe. Die Karte wurde darauf durch den Vorsitzenden als Anlage zum Protokoll genommen.

Daraufhin sollte Engelmann ebenfalls beschreiben, wo sich das Auto der Beamten befand, die ihn nach Hause geleiteten. Auf weitere Nachfrage erklärte er, dass sein Bekannter zum Prüfungsende zum Abholen gekommen ist und sich während der Prüfung nicht am Ort aufgehalten habe. Zudem sollen sie auch absichtlich Umwege gefahren seien, allerdings nur an den Tagen an dem sie auch einen Mietwagen genutzt haben.

Danach wurde noch einmal nach dem Trainer des Zeugen gefragt. Engelmann beschrieb, dass dieser sich mit ihm in seiner Wohnung „verrammelt“ habe und die Nacht mit ihm wach geblieben sei. Der Trainer sei allerdings erst gegen Abend gekommen und Engelmann habe vorher noch Sport gemacht. Auf Nachfrage erklärte der Zeuge, dass ihm auch zum Training Polizeizivilwagen hinterhergefahren seien.

Anschließend wurde er gefragt, ob er irgendwann eine Entwarnung durch die Polizei bekommen habe. Daraufhin meinte der Zeuge, dass er selber nochmal angerufen haben und dann anschließend auch keine Polizeibegleitung mehr wahrgenommen habe.

Als nächstes stellte der Vorsitzende noch die Frage wie viele Menschen ihn am dem Prüfungstermin am Montag am 8.6.2020 noch neben dem Fahrer nach Hause begleitet hätten. Der Zeuge vermutete, dass noch ein bis zwei andere Begleiter dabei waren, kann sich jedoch nicht mehr genau erinnern. Es kam dann noch eine Nachfrage zur Anzahl der Beamten an dem Montag. Engelmann sagte, dass es zwei gewesen seien: der eine, der ihm auch den Dienstausweis gezeigt habe und ein anderer, der am Auto gewartet habe. Er konnte allerdings nicht sicher sagen, ob vielleicht noch andere Beamt:innen mit im Auto gesessen haben.

Es kam eine weitere Nachfrage der Richterin, wie der Zeuge auf den Warnanruf reagiert habe. Der Zeuge erwiderte, dass er keine aktiven Gegenmaßnahmen vornahm, die Warnung aber auch seinen Freunden kommunizierte. Auf die Frage, ob es noch weitere Berichterstattungen über ihn nach dem Rechtskräftigwerden des Urteils gegen ihn gegeben habe, meinte der Zeuge, dass es einen weiteren Beitrag in der Sächsischen Zeitung gegeben habe.

Als nächstes begann die Verteidigung mit ihrer Befragung. Zuerst kam die Frage, wann die Polizeivernehmung des Zeugen gewesen sein, woraufhin Engelmann sagte, dass er es nicht mehr genau weiß, dass es aber eine sehr lange Vernehmung war (ca. 3 Stunden). Die Verteidigung hielt ihm daraufhin vor, dass die Vernehmung im Dezember 2020 gewesen sei und 4 Stunden dauerte. Es kamen weitere Fragen zum Ablauf der Vernehmung. Engelmann beschrieb, dass er zu seinem Werdegang zur Prominenz als Rechter befragt worden sei und was ihm vor und während der Examenszeit aufgefallen sei. Auf Nachfrage erklärte er, dass eine Person ihn befragt haben soll und die andere Protokoll geschrieben habe. Das Protokoll soll ihm danach auch zu lesen gegeben sein. Engelmann war sich allerdings unsicher, ob ihm zu Anfang der Grund der Vernehmung erläutert worden sei.

Daraufhin kam eine weitere Frage der Verteidigung zu Kontakt zur Polizei. Der Zeuge beschrieb, dass es eine erkennungsdienstliche Behandlung und zwei andere Strafverfahren gegen ihn gegeben haben soll.

Danach kam zur Sprache, dass der Zeuge eine Ausarbeitung zur SoKo LinX und zu Vermutungen über linke Strukturen ihn Leipzig gemacht habe. Er wurde gefragt, ob er diese auch mit zur Polizeivernehmung genommen habe. Der Zeuge vermutete, dass er dies nicht getan habe.

Es kam eine genauere Nachfrage zu der besagten Ausarbeitung, woraufhin der Zeuge erklärte, dass er diese selber angefertigt habe und es sich dabei komplett um eigene Mutmaßungen handele. Die Informationen dazu habe er aus dem Internet und aus eigenen Beobachtungen und Erkenntnissen. Auf Nachfrage, ob er die Informationen schon länger sammele, erwiderte der Zeuge, dass man an der Uni Leipzig fast automatisch die linken Strukturen mitbekomme, er aber auch ein besonders Interesse an Politik und politischen Strukturen habe.

Die Verteidigung fragte sodann, ob der Zeuge in der „Anti-Antifa“ aktiv sei. Der Zeuge fragte daraufhin, was das sein soll und verneinte die Frage. Auf weitere Nachfrage erklärte Engelmann, dass er den Begriff zwar kenne, aber es auch keine einzelne Antifa gäbe und daher auch keine Anti-Antifa. Als nächstes wurde gefragt, ob er noch andere Menschen kenne, die Daten über Linke sammeln würde. Dies verneinte der Zeuge mit Ausnahme der Zeitschrift Compact. Trotzdessen behauptete der Zeuge, er kenne wichtige Protagonisten der linken Szene, welche er auch der Polizei mitteilte.

Nachfolgend kam die Frage der Verteidigung, wer die Person sei, die der Person mit dem Fahrrad auf dem Gelände vor dem Prüfungsort entgegen gelaufen sei. Engelmann erwiderte darauf, dass er dazu nichts sagen wolle. Die Verteidigung sagte, dass er es sagen muss und beantragte darauf ein Ordnungsgeld gegen den Zeugen zu verhängen. Der Vorsitzende stimmte zu, dass der Zeuge den Namen sagen müsse. Von der Bundesanwaltschaft kam der Vorschlag, dass der Zeuge den Namen auf einen Zettel schreiben könne. Engelmann erwiderte darauf, dass der Name trotzdem an die Öffentlichkeit gelangen könne und er keine Menschen in Gefahr bringen wollen würde, die ihm einen Gefallen getan hätten.

Darauf wurde die Verhandlung für die Mittagspause unterbrochen.

Nach der Mittagspause wurde die Befragung von Brian Engelmann fortgesetzt. Dieser hatte sich nach Rücksprache mit seinem Anwalt darauf eingelassen, dem Gericht und der GBA den Namen des Fahrers aufzuschreiben, um diesen eventuell als Zeugen laden zu können. Daraufhin zog die Verteidigung ihren Antrag auf Verhängung eines Bußgeldes zurück.

Anschließend stellte die Verteidigung Engelmann weitere Fragen. Dabei stellte sich heraus, dass der Polizist, der Engelmann vor seinem Haus über die Gefährdungslage hinwies, ihn nicht über das weitere Vorgehen informierte und auch nicht das Gefühl der Bewachung vermittelte. Zu der gemeinsamen Anreise zum Prüfungsort sagte Engelmann aus, dass diese nicht erst aufgrund der Gefährdungsansprache bestanden haben, sondern sowieso von vornherein geplant gewesen wären. Engelmann habe zwar nie konkrete Drohungen erhalten, jedoch sei es schon einmal zu einer Unterschriftenaktion gegen seine Zulassung zum Referndarsdienst gekommen.

Da der Zeuge auch an dem sog. „Sturm auf Connewitz“ maßgeblich beteiligt war, stellte die Verteidigung auch zu diesem Kontext einige Fragen. Engelmann gab an, dass er in dem Prozess vollumfänglich ausgesagt habe, ihm das Gericht jedoch nicht geglaubt habe, dass er sich damals nicht vom Tatort entfernen hätte können. Dies wurde unter anderem damit begründet, dass Engelmann erfahrener Kampfsportler sei und diesem Sport auch momentan noch ausübt. Auf Rückfragen zu Kontakt zu anderen Leuten aus der Kampfsportszene gab der Zeuge an, dass es zu Begegnungen auf dem Campus gekommen sei und ihm die Personen über Ecken bekannt waren. Engelmann habe aber nie über seine Kontakte nachgeforscht, ob etwas gegen ihn geplant sein könnte.

Zu den Leuten, die Brian Engelmann 2020 und 2021 zur Prüfungsstelle gebracht und abgeholt haben, sagte er, dass es 25-30 Personen aus seinem näheren Umfeld waren. Diese seien nicht alle einem Spektrum zuzuordnen, sondern hätten unterschiedliche Hintergründe. Viele von ihnen waren bei der Abholung vermummt, einigen war das egal. Einige seien ebenfalls aus der Kampfsportszene gewesen. Die Fahrzeuge hätten bei diesen Aktionen gewechselt. Es gab Tage, an denen auch ein Mietauto verwendet worden sei und man einen Umweg auf dem Rückweg genommen habe.

Zwischendurch stellte sich heraus, dass Brian Engelmann einen Antrag auf Zulassung als Nebenkläger gestellt hatte. Sein Rechtsanwalt habe ihm dies empfohlen, für Engelmann selbst sei es auch aus wissenschaftlichem Interesse gewesen, auch wenn er zum zweiten Mal durch das zweite Staatsexamen gefallen ist.

Nach der Prüfung am 08.06.2020 soll vor dem Gebäude ein Beamter auf ihn gewartet haben. Diesen hätte Engelmann nicht zuordnen können, da dieser komplett schwarz gekleidet gewesen sei und eine Basecap getragen habe. Ihm wurde mitgeteilt, dass er ihn nach Hause bringen würde. Da Engelmann bereits von seinen Freunden abgeholt worden sei, seien die Beamten ihnen dann hinterher gefahren. Der Beamte vom LKA sei dann bis mit zur Wohnungstür gekommen und habe auch nachgesehen, ob jemand im Treppenhaus war. Am selben Abend sei Engelmann dann zum Training gefahren, wobei ihm aufgefallen sei, dass er beobachtet würde. Anschließend sei sein Trainer mit ihm nach Hause gefahren, wo sie die Wohnung „verrammelt“ und die Nacht durchgemacht hätten.

Obwohl das LKA ihm gesagt habe, dass ein Angriff am Montag oder in der Nacht zu Dienstag stattfinden könne, sei nichts weiter passiert und er habe keine weiteren Informationen erhalten. Daraufhin habe er am Mittwoch durch social Media von den Razzien in Connewitz erfahren, weswegen er nochmal beim LKA nachgefragt habe. Diese sagten ihm, dass die Gefährdungslage vorbei sei.

Es folgte die Vernehmung des Kommandoführers des MEK (Mobiles Einsatzkommando) Dresden Mario Würzbach. Dieser erschien zusammen mit seinem Zeugenbeistand RA Hirschmann. Da Würzbach die Einsatzleitung über die Observation bezüglich Engelmann hatte, sollte er zu diesem Tatkomplex befragt werden. Dabei wurde zu Beginn festgestellt, dass Würzbach selbst die Akte nur gegenzeichnete und zum fraglichen Zeitpunkt dienstfrei hatte. Aus diesem Grund widersprach die Verteidigung auch der Vernehmung des Zeugen, da dieser keine eigenen Angaben zu dem Komplex machen könne. Dies stellt auch einen Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz dar. Es folgte eine Auseinandersetzung zwischen dem Vorsitzenden, der Verteidigung und der GBA, in der sich die Beteiligten auch gegenseitig anschrien. Es wurden Beanstandungen der Verteidigung zurückgewiesen und Gerichtsbeschlüsse bestätigen die Entscheidungen des Vorsitzenden. Da der Großteil der Bereiche nicht von der Aussagegenehmigung des Zeugen gedeckt sein sollen, war die Befragung stark eingeschränkt.

Würzbach gab an, dass sein Dezernat seines Wissens nach am 08.06.2020 gegen Mittag tätig wurde. Die Gefährderansprache gegenüber Brain Engelmann sei am 05.06.2020 durch den Staatsschutz erfolgt. Bei der Truppe, die Engelmann zu seinem Wohnort verfolgte, habe es sich ebenfalls nicht um seine Leute gehandelt. Der Auftrag, diesen zu schützen, habe sich aus einem Vermerk ergeben. Die einzelnen Infos zu den Beamten habe ein Beamter mit der Kennziffer „07“ zusammengetragen.

Es folgte eine Auseinandersetzung zwischen der Verteidigung und dem Vorsitzenden, da die Verteidigung erfolglos eine Frage des Vorsitzenden beanstandete und der Vorsitzende in diesem Rahmen zu dem RA Auffurth gesagt hatte, dass dieser im Zusammenhang mit Zeugen den Unmittelbarkeitsgrundsatz vergessen könne.

Zu der Dauer der Observation sagte Würzbach aus, dass der Einsatz seines Dezernats am 08. und 09.06. stattfand. In diesem Zusammenhang bestand jedoch kein direkter Kontakt mit Brian Engelmann. Auch die Leute, die Engelmann zum Training begleitet hatten, gehörten nicht seiner Einheit an.

Anschließend wollte die Verteidigung Fragen zu einer eventuellen Teilnahme des MEKs an einem Schießkommando stellen. Diese Frage beanstandete der Vorsitzende als nicht zur Sache gehörig. Auch die Frage der Verteidigung hinsichtlich des Verfahrens gegen 17 beschuldigte Beamte des ehemaligen MEKs Dresden beanstandete der Vorsitzende aus demselben Grund.

Es folgt die Verlesung einer ausführlichen Begründung der Verteidigung zur Relevanz der Unterschlagung der Munition durch das MEK in diesem Verfahren. Sowohl beim LKA als auch bei 17 Privatadressen wurden Durchsuchungen durchgeführt. Das MEK Dresden wurde daraufhin aufgelöst. Eine Überprüfung der Glaubhaftigkeit der MEK Beamten sei nicht mehr möglich. Sollten diese Verbindungen zu der rechtsradikalen Gruppe Nordkreuz haben, hätten sie ein Interesse an der Belastung von linken Gruppierungen. Die GBA hielt die Frage dennoch für nicht zur Sache zugehörig.

Überraschenderweise nahm der Vorsitzende die Beanstandung der Frage zurück, sie sei nicht nach § 241 StPO unzulässig. Allerdings berief sich der Zeuge Würzbach durch seinen RA Hirschmann auf sein Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO. Der Vorsitzende merkte daraufhin an, dass er kein Aussageverweigerungsrecht erkennen könne, da der Zeuge nicht selbst am Einsatz beteiligt war. Daraufhin räumte der RA des Zeugen ein, dass gegen diesen als Ermittlungsleiter des Einsatzkommandos, gegen das ermittelt werde, ebenfalls wegen des Munitionsdiebstahls ermittelt werde. Bei allen weiteren Fragen der Verteidigung berief sich der Zeuge auf seine Aussagegenehmigung, weswegen die Verteidigung eine Erweiterung dieser beantragte.

Der nächste Prozesstag findet am 07.04.2022 um 09:30 Uhr am OLG Dresden statt.