Wir schließen uns dem Aufruf des anarchistisch feministischen Anti-Knast-Bündnisses zur Kundgebung am 6. März vor der JVA Chemnitz an:
„Am 6. März, zwei Tage vor dem internationalen feministischen Kampftag, werden wir vor der Frauen-JVA Chemnitz demonstrieren. Wir möchten den dort inhaftierten Frauen und Queers zeigen: Ihr seid nicht allein! Wir wissen, dass ihr die Unterdrückung, die Gewalt und die Ausbeutung in unserer Gesellschaft hart zu spüren bekommt. Wir sehen aber auch, wie viele von euch sich wehren, sich für ihre Rechte einsetzen und sich gegenseitig helfen – und wir stehen dabei an eurer Seite.
Anlass zu unserer Kundgebung ist der 8. März, der internationale feministischen Kampftag. Weltweit gehen Frauen und Queers, d. h. Menschen anderer Geschlechter wie Trans- und Interpersonen, auf die Straße und protestieren gegen die anhaltende Unterdrückung durch Männer und durch ein patriarchales System: Wir stehen dabei Schulter an Schulter rund um die Welt gegen physische, psychische und sexualisierte Gewalt, gegen die Vielzahl an Frauenmorden, gegen die unbezahlte Haus- und Fürsorgearbeit, gegen schlechtere Bezahlung, gegen Diskriminierung, gegen den Zwang zur Ehe und zum Kinderkriegen, gegen das Abtreibungsverbot und viele Probleme des Systems, in dem wir leben.
Die Inhaftierten in der JVA Chemnitz haben diese Unterdrückung besonders hart zu spüren bekommen. Viele von ihnen kommen von ganz unten, haben sich für Familie und auf Arbeit kaputt gearbeitet, haben gleichzeitig Missbrauch und Gewalt erlebt und haben viele psychische und physische Verletzungen erlitten. Und ja, sie alle sind auf irgendeine Art und Weise „kriminell“ geworden und haben gegen irgendein Gesetz dieses Staats verstoßen. Doch anstatt die zugrunde liegenden Probleme anzugehen und zu beheben und die Menschen zu unterstützen, werden sie als Straftäterinnen verurteilt, abgestraft und weggesperrt.
Im Knast geht es weiter: Isolation und Perspektivlosigkeit, Arbeiten für ein bis zwei Euro die Stunde, medizinische Unterversorgung, Schikanen durch Anstaltsleitung und Beamt*innen. Im Rahmen der Corona-Pandemie wurden außerdem die Gefangenenrechte stark eingeschränkt: Freizeitangebote sind weggefallen und Besuche können nur sehr eingeschränkt stattfinden. So werden die Gefangenen am Ende mit noch mehr Verletzungen, noch mehr Problemen und von der Gesellschaft abgestempelt entlassen.
Für uns ist klar: Der Knast ist keine Lösung, sondern Teil des Problems! Deswegen unterstützen wir Gefangene dabei, sich gegen diese Zumutungen zu wehren. Seien es Anträge an die Anstalt, Berichte für die Öffentlichkeit, Unterschriftensammlungen, Hunger- und Sitzstreiks – all das ist auch in der JVA Chemnitz passiert. Es gibt immer Gefangene, die für sich und füreinander eintreten, und wir sind an ihrer Seite.
Auch wenn der 8. März in Berlin mittlerweile ein Feiertag ist, auch wenn feministische Bewegungen den Staat zu vielen Eingeständnissen gezwungen haben – wir haben gelernt, dass wir uns nicht auf die Versprechen von Parteien, Parlamenten und Staaten verlassen können. Man sieht es doch am Knastsystem am deutlichsten, wie wenig dieses System funktioniert. Gerade hier werden einige der vulnerablesten Gruppen unserer Gesellschaft am Stärksten getroffen. Sie werden weggesperrt und schikaniert, anstatt sie wirklich und langfristig zu unterstützen. Deswegen ist uns klar, dass wir zusammenhalten müssen, dass wir es selbst in die Hand nehmen müssen. Von beiden Seiten der Mauern reichen wir uns deswegen die Arme, haken uns unter und kämpfen zusammen für unsere Befreiung.
Kommt zwei Tage vor dem internationalen feministischen Kampftag, am 6. März 2022 um 15 Uhr, in die Thalheimer Straße 29 vor die Frauen-JVA Chemnitz und setzt gemeinsam mit uns ein Zeichen. Schluss mit dem Patriarchat, weg mit dem Knast!“