Bericht vom 44. Prozesstag – Mittwoch, 13.04.2022

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Bericht vom 44. Prozesstag im Antifa Ost-Verfahren am OLG Dresden am 13.04.22

Am 44. Prozesstag war im Antifa-Ost-Verfahren erstmals eine Zeugin vorgeladen, die seitens des Gerichts dem Umfeld der Angeklagten zugeordnet wird. Weiterhin wurden drei Eisenacher Polizeizeug:innen vernommen, die im Komplex Eisenach I ermittelten. Nach mehreren umfangreichen Beweisanträgen, zur Glaubwürdigkeit und zu Verstrickungen in Neonazi-Netzwerken der Faschisten Leon Ringl und Maximilian Andreas, kam es am Ende des Verhandlungstags zu einer Auseinandersetzung zwischen der Verteidigung und dem Vorsitzenden über dessen Prozessführungsstil.


Vor Verhandlungsbeginn wurde den Prozessbeteiligten ein Selbstlesekonvolut ausgeteilt. Der Vorsitzende erläuterte dazu, dass es sich dabei um Unterlagen aus einem anderen Verfahren handele, in dessen Zusammenhang es zu Durchsuchungen bei Beschuldigten kam. OStAin Geilhorn, die am Prozesstag nicht anwesend war, führt ebenso dieses Verfahren, welches wiederum für das Antifa Ost-Verfahren relevant sein könnte. Außerdem befinde sich in den Unterlagen eine CD mit einer aufbereiteten Version der Innenraumüberwachungsaufnahmen, die von den Prozessbeteiligten angehört werden solle.


Als erstes sollte eine Zeugin vernommen werden, die Gericht und Bundesanwaltschaft (BAW) dem Umfeld der Angeklagten zurechnen. Diese erschien in Begleitung einer Anwältin als Zeuginnenbeistand. Vor der Vernehmung bestand der Vorsitzende darauf, dass die Zeugin während der Vernehmung ihre Maske absetzen müsste, obwohl diese deutlich machte, dass sie dies aus validen Gründen nicht tun möchte. Der Vorsitzende akzeptierte dieses Argument nicht und nötigte sie, die Maske abzunehmen.


Der Zeuginnenbeistand machte schon zu Beginn der Vernehmung deutlich, dass die Zeugin von einem vollumfänglichen Auskunftsverweigerungsrecht nach §55 StPO Gebrauch machen wird. Der Vorsitzende erklärte dazu, dass es bei der Zeugin um eine mögliche Beteiligung an der Ausspähung des Faschisten Brian Engelmann gehe, hier jedoch keine Straftat stattgefunden habe. Die Anwältin der Zeugin ergänzte indes, dass es sich um einen möglichen Vereinigungsvorwurf handelt. Der Vorsitzende führte dennoch aus, dass die Zeugin auf Observationsfotos von einem Treffen im Juni 2020 in einem Park zu sehen sei und stellte die Frage, ob sie zwei der im Verfahren Angeklagten kenne. Die Zeugin machte von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch, was der Vorsitzende akzeptierte. Als nächstes stellte der Vorsitzende die Frage, ob die Zeugin mit einer namentlich benannten Person verlobt sei. Der Zeuginnenbeistand wollte dann zunächst wissen, woher diese Frage rühre, worauf der Vorsitzende entgegnete, dass er sie einfach stelle und sich „rantasten“ wolle. Die Verteidigung beanstandete die Frage, da sie für das Verfahren nicht relevant ist. Der Vorsitzende wies die Beanstandung zurück und begründete dies damit, dass die namentlich benannte Person auch als Zeuge in Betracht komme und die Frage deshalb zulässig sei. Dies wurde wiederum vom Zeugeninnenbeistand beanstandet, die ausführte, dass sich ihr nicht erschließt, was die Frage zur Sache tut und die Zeugin außerdem von ihrem Auskunftsverweigungsrecht Gebrauch macht. Die BAW gab an, dass die namentlich benannte Person in den Akten zu finden sei, deshalb als Zeuge in Betracht komme und die Frage deshalb zulässig sei, außerdem könne der GBA-Vertreter keinen zulässigen Grund für eine Auskunftsverweigerung erkennen. Der Vorsitzende schloß sich dem an, da nicht zu erkennen sei, dass die Person an der angeklagten Vereinigung beteiligt sei. Die Verteidigung entgegnete, dass sie nicht wissen kann, ob die Person zur Vereinigung gezählt wird, da dies nicht aus den Akten hervorgeht. Sie erinnerte außerdem an die Vernehmung des Faschisten Leon Ringl, der umfassende Aussagen zur Neonazistruktur „Knockout 51“ machen musste, obwohl die GBA von Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen die Gruppe wusste, die am 06.04.2022 öffentlich wurden. Die Verteidigung ergänzte dazu, dass die Staatsanwaltschaft Dresden allein wegen Fotos, bei denen ein Treffen observiert worden sein soll, ein Verfahren nach §129 gegen einen Mandanten einleitete. Der Vorsitzende bestand weiter auf seine Frage und erklärte dazu, dass es ihm um kein Treffen, sondern nur um die Verlobung gehe und drohte gleichzeitig mit Ordnungsgeld bzw. -haft, wenn die Zeugin die Frage nicht beantworte. Die Anwältin der Zeugin wies darauf hin, dass eine Verlobung auch ein Kennverhältnis darstellt und dies für eine Vereinigung relevant ist und daher die Auskunftsverweigerung zulässig ist. Daraufhin unterbrach der Vorsitzende die Verhandlung für 10 Minuten und der Zeuginnenbeistand sollte sich mit ihrer Mandantin beraten.


Nach der Pause wollte der BAW-Vertreter den Vorsitzenden auf eine sitzungspolizeiliche Maßnahme hinweisen, wurde aber von diesem damit unterbrochen, dass ihm der Sachverhalt bekannt sei und er sich später dazu äußern werde. Auf die Frage der Verteidigung, worum es sich handelt, wollte er nicht antworten. Anschließend fragte er die Zeugin, ob diese die Frage nun beantworte, was ihre Verteidigung verneinte, woraufhin er ein Ordnungsgeld in Höhe von 200€ verhängte. Der Zeuginnenbeistand und die Verteidigung beanstandeten das Ordnungsgeld, da die Auskunftsverweigerung zulässig ist und selbst wenn nicht, das Ordnungsgeld für die Frage unverhältnismäßig ist. Die Verteidigung gab außerdem zu Bedenken, dass es sich mit 200€ um das bisher höchste im Prozess verhängte Ordnungsgeld handelt. Nach Verhängung des Ordnungsgeldes wurde die Zeugin entlassen. Beim Herausgehen enthüllte sie ein Soli-Shirt für die Angeklagten mit der Aufschrift „Free Lina“, das sie unter ihrem Pullover trug, was vom Publikum mit großem Beifall begleitet wurde. Der sichtlich wütende Vorsitzende versuchte mehrfach in den Applaus zu intervenieren, was ihm allerdings nicht gelang. Nach dem Ende des Applauses drohte der Vorsitzende Ordnungsgeld für das Publikum an und verkündete außerdem, dass fortan T-Shirts mit der Aufschrift „Anna“ oder „Arthur“ im Gericht verboten seien, er bezog sich darauf, dass die Aussage „Anna und Arthur halten’s Maul“ im „Unterstützer:innenumfeld“ sehr verbreitet sei und er beim Tragen der T-Shirts den Versuch einer Zeug:innenbeieinflussung sehe. Teile des Publikums hatten zuvor aus Solidarität mit der Zeugin die oben beschriebenen T-Shirts im Gerichtssaal getragen.


Der Vertreter der GBA kündigte anschließend fünf Stellungnahmen an, von denen jedoch zwei vorerst zurückgestellt wurden. Die erste verlesene Stellungnahme richtete sich gegen den Antrag der Verteidigung vom 31.03.2022, in dem diese auf einen Zirkelschluss, den BKA und Soko LinX bei der angeblichen Identifikation einer Person aus einer Innenraumüberwachungsaufnahme gemacht haben. Die GBA führte aus, dass kein Zirkelschluss vorliege und daher auch nicht die von der Verteidigung geforderte Zeugin Sprenger gehört werden solle. Die zweite Stellungnahme richtete sich gegen den Antrag der Verteidigung vom 30.03.2022, in dem diese forderte eine Tatortbegehung im Umfeld des Bulls Eye in Eisenach zu machen, um die Unglaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen aus dem Umfeld des Faschisten Leon Ringl zu belegen. Die GBA gab an, dass die Lichtverhältnisse in denen der Zeuge seine angeblichen Beobachtungen machte, nicht exakt nachgestellt werden könnten und eine annähernde Nachstellung der Verhältnisse ohne Relevanz für den Beweiswert der Aussage des Zeugen sei. Die dritte Stellungnahme richtete sich gegen den Antrag der Verteidigung vom 07.04.2022 zum Verwertungsverbot von Observationsberichten, bei denen die Observation durch die Ermittlungsrichterin verlängert wurde, ohne dass ihr noch einmal die Akten zur Entscheidung vorgelegt wurden. Die GBA war der Meinung, dass dies nicht notwendig gewesen sei, da die Richterin die Akten schon zuvor gesehen habe und somit auch die Verwertung der Observationserkenntnisse rechtmäßig sei. Der Vorsitzende schloß sich dieser Stellungnahme direkt an und verkündete die Ablehnung des Widerspruchs der Verteidigung und begründete dies mit den gleichen Argumenten wie die GBA. Sogleich verkündete er außerdem die Ablehnung des oben genannten Antrags der Verteidigung vom 31.03.2022.
Die Verteidigung verlas danach einen Antrag, der sich gegen die Einführung von Observationsberichten aus Observationen zwischen dem 12.05.2020 und dem 06.06.2020 über das Selbstleseverfahren richtete. Der Widerspruch wurde damit begründet, dass über das Selbstleseverfahren nach einer Entscheidung des BGH nur Urkunden eingeführt werden dürfen, die nicht unmittelbar sachentscheidend sind, d.h. dass Urkunden, die einen direkten Einfluss auf die Urteilsentscheidung haben nicht über das Selbstleseverfahren der öffentlichen Verhandlung entzogen werden dürfen. Weiterhin wurde ausgeführt, dass die besondere Beweisqualität der Berichte nicht ersichtlich ist, da die Verfasser:innen der Berichte aus diesen nicht hervorgehen und nur weil ein Dokument von der Polizei erstellt wurde, nicht automatisch von einer besonderen Beweisqualität ausgegangen werden kann. Im Gegenteil kann angenommen werden, dass die Berichte nicht neutral sind, da die Verfasser:innen in diesen die eigene Ermittlungsarbeit verteidigen. Außerdem wird den Angeklagten durch die Einführung über das Selbstleseverfahren das Konfrontationsrecht gegenüber Belastungszeugen entzogen. Schließlich forderte die Verteidigung, dass die Observationsbeamt:innen in der Hauptverhandlung vernommen werden, statt nur deren Berichte über das Selbstleseverfahren einzuführen.Der Vorsitzende kommentierte, dass die zwei gehörten Observationsbeamten zeigen würden, dass es der Senat nicht nur bei der Verlesung der Observationsberichte belassen würde.


Als zweite Zeugin des 44. Prozesstages wurde die Polizeiobermeisterin Claudia Steude der Polizei Eisenach vernommen, die am Einsatz nach dem Angriff auf das Bull’s Eye im Oktober 2019 beteiligt gewesen war. Sie erschien mit einem Zeuginnenbeistand, dem RA Hirschmann. Nach einem anderen Einsatz in der Innenstadt von Eisenach sei sie gemeinsam mit ihrem Kollegen zum Bull’s Eye gerufen worden und dort als erste Beamtin vor Ort gewesen. Bei ihrer Ankunft hätten die vermeintlich geschädigten Personen vor der Kneipe gestanden. Ihr Kollege hätte die Personalien der Personen festgestellt und es sei von diesen durcheinander gesprochen worden. Unter anderem sei von 15 vermummten Personen, die mit Schlagstöcken und Reizgas angegriffen hätten und unter denen sich mindestens eine weibliche Person befunden hätte, gesprochen worden. Der Angriff sei sehr schnell gegangen. Bei den Personen vor der Kneipe wurde auch der Atemalkoholwert ermittelt. Die Zeugin selbst hat – während ihr Kollege Personen vernommen hat – die Kneipe in Augenschein genommen, dabei sei ihr auch ein Bluttropfen vor der Tür aufgefallen, der vermeintlich den Angreifern zugeordnet wurde. Sie selbst habe keine Zeug:innenbefragungen durchgeführt und ihr seien von ihren Kollegen nur die Grundinformationen mitgeteilt worden. Ihr Schichtleiter Homann, der ebenfalls zum Tatort kam, habe mutmaßlich nach ihrer Erinnerung auch Befragungen durchgeführt. Sie gibt an, dass sie Leon Ringl zuvor namentlich gekannt, an diesem Abend aber zum ersten Mal gesehen habe. Sonst habe sie niemanden der anwesenden Personen gekannt. Auch ihr Kollege Ernst habe Ringl gekannt und habe auch mit diesem gesprochen. Der Vorsitzende fragte die Zeugin, ob Ernst mit einzelnen Personen länger gesprochen habe und merkte dabei an, dass es in dessen Bericht einen längeren Block zu Aussagen von Maximilian Andreas gibt, Aussagen von Ringl aber nicht explizit erwähnt werden. Die Zeugin sagte, dass jede:r am Tatort vernommen worden sei und sie sich nicht an der Erstellung des Berichts ihres Kollegen beteiligt habe. Auf Nachfrage gab sie an, dass sie um 0:20 Uhr die Meldung über den Vorfall per Funk erhalten habe und ca. 3-4 Minuten später vor Ort gewesen sei. Auf Nachfrage konnte die Zeugin nicht sagen, was sie vor Ort in der Zeit gemacht habe, in der ihr Kollege die Personen vernommen hat. Ob einzelne Personen länger vernommen worden seien, konnte sie ebenfalls nicht sagen. Der Vorsitzende legte ihr zwei Fotos vor, auf denen u.a. die Faschisten Leon Ringl, Maximilian Andreas, Eric Krempler und Bastian Adam auf Neonaziaufmärschen in Eisenach und Dortmund zu sehen waren, und fragte sie ob sie darauf Personen wiedererkenne. Sie erkannte allein Ringl, der Vorsitzende wies darauf hin, dass auch Andreas darauf zu sehen ist.


Anschließend wurde sie zur Erstellung des Einsatzberichtes ihres Kollegen Ernst befragt. Sie führte dazu aus, dass vor Ort handschriftliche Notizen gemacht würden und auch Informationen von anderen Kolleg:innen wie z.B. ihrem Schichtleiter Homann in solche Berichte mit einfließen würden. Danach wurde sie befragt, ob sie den Faschisten Kevin Noeske kenne und ob dieser ebenfalls vor Ort gewesen sei. Sie gab an, dass sie ihn kenne, ob er vor Ort gewesen sei, konnte sie sich nicht erinnern; im Bericht habe es aber so gestanden. Eine Zeugin, die im Verfahren bereits ausgesagt hat, sei vor Ort gewesen und habe mit in der Personengruppe gestanden. Informationen, die sie am Abend von den anwesenden Personen selbst hörte, seien aus einem Stimmengewirr gekommen. Dabei sei gesagt worden, dass es ein Überfall von 15 vermummten Personen mit Schlagstöcken und Reizgas gewesen sei. Auf Nachfrage, ob Ringl etwas gesagt habe, gab sie nur an, dass er geäußert habe, es sei schnell gegangen. Sie selbst habe auch gehört, dass von einer weiblichen Person gesprochen worden sei, konnte diese Aussage allerdings keiner Person zuordnen. Zu Ringl habe sie in der Folge noch zwei mal Kontakt gehabt: Einmal nach dem Angriff auf ihn im Dezember 2019 und einmal nach einem Buttersäureangriff auf seine Kneipe.


Zum Schluss der Befragung wurde die Zeugin von der Verteidigung zur Erstellung des Berichts ihres Kollegen Ernst befragt. Sie gab dazu an, dass die Beamt:innen, die zuerst vor Ort sind, zunächst einen Bericht für die Kripo schreiben, in dem die grobe Sachlage dargestellt werde. An dem Bericht habe sie nicht mitgewirkt. Nach der Fertigstellung durch den Verfasser werde er immer noch einmal dem Schichtleiter zur Überprüfung vorgelegt. Wenn dabei etwas nicht stimme, gehe er zurück an den:die verfassende Beamt:in. Auf Nachfrage gab die Zeugin an, dass die Befragungen der Zeug:innen durch ihren Kollegen Ernst draußen durchgeführt worden seien. Die anderen Beteiligten hätten in Hörweite um die befragte Person herumgestanden und sich auch untereinander ausgetauscht. Am Ende gab die Zeugin auf Nachfrage der Verteidigung noch an, dass sie sich selbst entschieden habe, in Begleitung eines Zeug:innenbeistandes vor Gericht zu erscheinen, da dies ihr Recht sei.


Nach der Mittagspause wurde als dritter Zeuge der Kriminalhauptkommisar Andreas Hohmann vernommen, der in der Nacht des Angriffs auf das Bull’s Eye als Schichtleiter eingesetzt und ebenfalls vor Ort war. Er erschien mit dem gleichen Zeugenbeistand wie die vorrangegangene Zeugin Claudia Steude. Bei diesem Einsatz habe Hohmann den Faschisten Maximilian Andreas vernommen.
Nachdem er von dem Vorfall erfahren habe, sei er allein zum Tatort gefahren. Dort seien bereits die Kolleg:innen Steude und Ernst vor Ort gewesen, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Seine Prioritäten seien zu diesem Zeitpunkt die Nahbereichsfahndung, für die er Beamt:innen abgestellt hatte und die Tatortsicherung gewesen. Ernst habe ihm bei seinem Eintreffen einen Überblick über die Situation gegeben. Zum Tatzeitpunkt seien sechs Personen in der Kneipe anwesend gewesen. Die Personalien dieser Personen seien bei seinem Eintreffen bereits festgestellt worden. Er ordnete an, Atemalkoholbestimmungen bei diesen durchzuführen und forderte dafür den Kriminaldauerdienst (KDD) aus Gotha an. Die Faschisten Andreas und Ringl seien als einzige nur wenig oder gar nicht alkoholisiert gewesen. Er entschied sich daher, Andreas für erste Erkenntnisse zu vernehmen, da er in diesem – im Gegensatz zu Ringl als Kneipenbesitzer – einen unabhängigen Zeugen gesehen habe. Andreas habe er etwas abseits in einem Fahrzeug vernommen. Er habe zum Tatzeitpunkt an einem Spielautomaten gesessen woraufhin mehrere maskierte Personen in die Kneipe gestürmt seien. Bei einer dieser Personen gab Andreas an, dass er sie sehr sicher als weiblich wahrgenommen habe. Dies will er an längeren dunkelblonden oder braunen Haaren erkannt haben, die aus der Kapuze hingen. Es seien vier Personen am Tresen attackiert worden, eine Person sei Andreas vor die Füße gefallen und er habe sie zur Seite gezogen. Dann sei er in Richtung Küche gegangen und habe dort ebenfalls einen Schlag abbekommen. Die Angreifenden hätten sich auf ein Kommando der Person, die er als Frau identifiziert haben will, zurückgezogen und Andreas habe gesehen, dass diese Person beim Verlassen aus einer Art Feuerlöscher Reizgas in die Kneipe gesprüht habe. Am Eingang sei Blut festgestellt worden, das durch die Beamt:innen den Angreifenden zugeordnet worden sei. Daraufhin habe Hohmann einen Fährtenhund angefordert und auf diese Spur angesetzt. Der Hund sei daraufhin zum nahegelegenen Supermarktparkplatz gelaufen und habe dort die Verfolgung abgebrochen. Hohmann habe dann veranlasst, das Personal des Supermarkts am nächsten Tag zu vernehmen. In seiner Vernehmung gab er an, dass er aber nicht wisse, was dabei herausgekommen sei, da dies nicht mehr seine Schicht gewesen sei. Er gab noch an, dass die Auswertung der Überwachungskameras des Supermarkts wahrscheinlich wenig ergiebig gewesen sei, da diese vor allem im Innenraum angebracht seien und draußen nur einen kleinen Bereich des Eingangs abdecken würden. In der Befragung durch Hohmann habe Andreas angegeben, dass es sich bei den Angreifenden um 6-8 Personen gehandelt habe. Zuvor habe er gegenüber Ernst mehr Personen angegeben. Auf Nachfrage des Vorsitzenden gab der Zeuge an, dass die Lage bei seinem Eintreffen sehr unübersichtlich gewesen sei und alle durcheinander gesprochen hätten. Daher habe er sich zunächst auf die Atemalkoholbestimmungen konzentriert und daraufhin Andreas als ersten Zeugen gewählt, da dieser nüchtern gewesen sei. An den, laut Bericht, ebenfalls nüchternen Taxifahrer konnte er sich nicht erinnern. Der Zeuge gab außerdem an, dass später auch der Faschist Kevin Noeske noch zum Tatort kam. An junge Spaziergänger:innen vor Ort kann er sich auf Nachfrage nicht erinnern. Mit Ringl habe er selbst nicht gesprochen, er könne aber nicht ausschließen, dass Ringl etwas aus der Gruppe heraus gesagt habe. Ringl habe er bereits zuvor vom Namen her gekannt, da er polizeibekannt gewesen sei.
Dem Zeugen wurden die gleichen Bilder wie der vorangegangenen Zeugin vorgelegt, auf denen er Ringl und Andreas erkannte. Anschließend ging es darum, ob Ringl am Abend bereits ausführlicher vernommen worden sei, wie der Faschist selbst behauptete. Der Zeuge gab an, dass er ihn selbst nicht vernommen habe und auch sein Kollege Ernst die Personen nur kurz vernommen habe und die Aussagen nicht mehr einzelnen Personen zuordnen konnte. Hohmann habe in der Situation keinen großen Wert auf ausführlichere Zeug:innenbefragungen, sondern eher auf die Tatortsicherung, gelegt, da man die Vernehmungen auch etwas später noch hätte machen können.


Anschließend wurde er zu seinem Protokoll der Vernehmung von Andreas befragt. Dabei gab er an, dass er ziemlich Wort für Wort das aufgeschrieben habe, was der Zeuge gesagt habe. Den Bericht von Ernst habe er in der Nacht nicht mehr gesehen, da dieser zum Ende seiner Schicht noch nicht fertig gewesen sei. Vor seinem Schichtende sei Hohmann nochmal in die Dienststelle gefahren und habe dort noch Eintragungen im Einsatzleitsystem ergänzt. Zur Vorbereitung auf die Vernehmung hätte er sich diese noch einmal anschauen wollen, was aber aus Datenschutzgründen nicht mehr möglich gewesen sei. Der Vorsitzende forderte ihn auf, dass er nochmal probieren solle, an die Daten zu kommen und diese dann dem Gericht zur Verfügung stellen solle.
Auf die Frage des Vorsitzenden, ob Informationen aus seiner Vernehmung von Andreas im Bericht von Ernst gelandet sein könnten, verneinte dieser das, da Ernst die Vernehmung nicht mitgehört haben könne und Hohmann ihm die Details danach nicht mitgeteilt habe. Über die getragene Kleidung der mutmaßlichen Angreifenden sei in seiner Vernehmung nicht im Detail gesprochen worden, anders als dies dann im Bericht von Ernst auftauchte. Der Vorsitzende warf die Frage in den Raum, ob es sein könne, dass Ernst die Aussagen von verschiedenen Zeug:innen in seinem Bericht einfach Andreas zugeschrieben haben könne, weil er sie nicht mehr auseinander halten konnte. Darauf hatte der Zeuge keine Antwort, woraufhin die Verteidigung den Zeugen fragte, wie er seinen Kollegen Ernst einschätzt. Er beschrieb, dass er zum Zeitpunkt des Vorfalls erst fünf Monate auf der Dienststelle gearbeitet habe und ihn daher noch nicht so gut kannte, mittlerweile kenne er ihn aber besser und beschrieb ihn als ruhig und korrekt. Er habe sich auf seine Vernehmung mit dem Bericht von Ernst und dem Protokoll seiner eigenen Vernehmung von Andreas vorbereitet. Mit Ernst wollte er davor auch nochmal sprechen, was aber aufgrund von Zeitproblemen nicht funktioniert hätte. Bei seiner Vernehmung von Andreas habe er nicht nach Kleidungsmerkmalen oder anderen Details gefragt, da diese für Sofortmaßnahmen nicht wichtig gewesen seien, da um diese Zeit in Eisenach nicht viel los sei und man so einfach alle Personen, die zu Fuß unterwegs sind, kontrollieren könne. Die Unterschiede bei den Aussagen zur Haarfarbe der als weiblich gelesenen Person führte der Zeuge auf die schlechten Lichtverhältnisse in der Kneipe zurück. Hohmann gab am Ende an, dass er ca. 25-30 min nach dem Tatzeitpunkt am Tatort gewesen sei. Daraufhin wurde er um 14:33 Uhr unvereidigt entlassen.


Als letzte Zeugin des Prozesstags wurde die Kriminalhauptmeisterin Ute Arnold, die sich mittlerweile im Ruhestand befindet, vernommen. Diese hatte u.a. die erste Vernehmung von Ringl nach dem Angriff auf das Bulls Eye durchgeführt.
Die Zeugin gab an, dass sie am Tattag Rufbereitschaft gehabt habe. Sie sei zum Bull’s Eye gefahren bevor sie mit den Zeug:innenbefragungen begonnen habe, um sich ein Bild vor Ort zu machen und habe den Einsatzbericht von Ernst gelesen. Auf Nachfrage des Senats gab sie an, dass Ringl bei der Vernehmung „normal und ruhig“ gewesen sei. Anschließend wurde sie zur Form ihrer Vernehmungsprotokolle vernommen, die nicht als Frage-Antwort-Protokolle, sondern als Fließtext ohne Frage verfasst seien. Sie erklärte das damit, dass sie die Zeug:innen immer erstmal erzählen lasse, sich dazu Notizen mache und es anschließend niederschreibe und dabei Nachfragen zu bestimmten Punkten stelle, die sie direkt mit in den Fließtext einbaue. Ringl habe in der Vernehmung ausgesagt, dass ihn eine Person, die ihn frontal angegriffen habe wegen deren sehr hellen, blauen Augen an einen Kumpel erinnert habe.  Er hätte es aber nicht sein können, da dieser zur Tatzeit in Hamburg gewesen sei. Bei der Person, die er als weiblich gelesen habe, habe er angegeben, dass diese eine rote Jacke oder Weste getragen habe. Die Ausführungen zur Kleidung seien nicht auf Nachfrage, sondern direkt durch Ringl erzählt worden. Von einer weiblichen Stimme habe er in der Vernehmung allerdings nichts gesagt und sie habe auch nachgefragt, ob jemand der Angreifenden etwas gesagt habe. Ringl habe gesagt, dass er vermute, dass die Angreifenden aus der linken Szene kämen und gab dazu ergänzend an, dass die Scheiben seiner Kneipe schon einmal eingeworfen worden seien. Das Lesen als weibliche Person habe er an den langen Haaren festgemacht. Diese Aussage sei auch von zwei weiteren Zeug:innen gekommen, die sie vernommen habe und sie geht davon aus, dass sich vor den Vernehmungen auch unterhalten wurde. Die Verteidigung stellte dazu die Zwischenfrage, ob Ringl selbst von den Haaren gesprochen hat, da dazu nichts in seinem Vernehmungsprotokoll steht. Die Zeugin sagte dazu, dass sie es aufgeschrieben hätte, wenn er dazu etwas gesagt hätte und jetzt wahrscheinlich nur mehrere Vernehmungen durcheinander bringe. Die Zeugin gab auf Nachfrage an, dass Personen, die von ihr vernommen wurden am Ende der Vernehmung Gelegenheit hätten das Protokoll durchzulesen und Korrekturen zu machen, was ihr sehr wichtig sei.


Nach einer 15 minütigen Pause wurde sie vom Vorsitzenden zur Vernehmung eines weiteren Zeugen befragt, die sie ebenfalls geführt habe. Die Zeugin gab dazu an, dass er telefonisch geladen worden und auf der Dienststelle erschienen sei. Die Vernehmung sei normal verlaufen. Er sei mit seiner Freundin am Bull’s Eye vorbeigekommen. Vor dem Lokal hätten mehrere Personen gestanden, auch eine weibliche Person. Diese hätten eine Art Feuerlöscher in eine Mülltüte gesteckt und den Zeugen und seine Freundin als sie vorbeikamen aufgefordert, weiterzugehen. Durch das Fenster habe der Zeuge weitere Personen im Innenbereich und Ringl Gläser werfen sehen. Arnold gab auf Nachfrage an, dass sie nicht wisse, wie gut man von außen reinsehen könne, da sie sich vor allem den Innenbereich der Kneipe angeschaut habe. Die Vernehmung des Zeugen sei mit 15 Minuten relativ kurz gewesen, er habe am Stück erzählt und sie habe nicht viel nachfragen müssen. Die weibliche Person habe er an längeren Haaren festgemacht.Auf die Frage, ob die Reihenfolge der Schilderung des Zeugen hinterfragt worden sei, gab die Zeugin an, dass dies nicht notwendig gewesen sei, da er reibungslos erzählt habe. Auf Nachfrage des Vorsitzenden, ob der Zeuge etwas zur Statur der weiblichen Person gesagt habe, verneinte die Zeugin. Der Vorsitzende entgegnete, dass der Zeuge in der Hauptverhandlung behauptete, dass ihm bei der weiblichen Person der Busen aufgefallen sei, woraufhin Arnold erwiederte, dass sie dies aufgeschrieben hätte, wenn er es gesagt hätte. Er hätte nur von einer roten Jacke oder Weste gesprochen, die die Person angehabt hätte. Arnold gab auf Nachfrage an, dass es bei den Erstbefragungen nicht ihre Aufgabe sei, Widersprüche in den Aussagen zu hinterfragen, sondern vorerst nur zu sammeln und dass die Widersprüche dann von den Sachbearbeiter:innen hinterfragt würden, an die sie die Protokolle übergeben würde. Sie kann sich auch nciht daran erinnern, dass der Zeuge von einem Fahrrad gesprochen hätte.


Die Verteidigung wies am Ende der Vernehmung auf die fast wortgleichen Parallelen in den Aussagen von Ringl und des Zeugen zur Kleidung der weiblichen Person hin und fragte die Zeugin, ob ihr das nicht aufgefallen war. Sie gab an, dass ihr das schon aufgefallen sei, dass sie aber nicht weiter nachgefragt habe, weil sie in diesem Fall nur für den „Ersten Angriff“ (d.h. die erste Befragung) zuständig gewesen sei. Anschließend wurde sie um 15:52 Uhr unvereidigt entlassen.


Danach verlas der Vorsitzende in einer Verfügung einen Teil des Berichts des Polizisten Ernst vom 19.10.2019. Darin stand, dass Andreas von 15 vermummten Personen gesprochen habe, von denen mindestens eine weiblich gewesen sei. Die weibliche Person habe Reizstoff versprüht und die Angreifenden hätten die Kneipe nach Aufforderung verlassen. Die weibliche Person habe eine normale Statur gehabt und sei ca. 1,70m groß gewesen. Andreas habe außerdem Angaben zur Kleidung der Angreifenden gemacht. Er habe von zwei Teleskopschlagstöcken gesprochen und dass zwei Personen sehr groß gewesen seien. Nach dem Angriff sei ein voll besetzter schwarzer PKW an der Kneipe vorbeigefahren und die Mitfahrenden hätten gewunken, was Andreas verdächtig vorgekommen sei.


Anschließend verlas der Vorsitzende mehrere Beschlüsse, in denen Anträge der Verteidigung abgelehnt wurden. Zuerst wurde ein Antrag zur Ladung eine:r Sachverstädigen abgelehnt, die gehört werden sollte, um zu bezeugen, dass aus Tonaufnahmen eines Innenraumgesprächs nur Teile des Gesprächs wiedergegeben werden, da die Gestik nicht wiedergegeben wird. Dieser Antrag wurde abgelehnt, da dies offenkundig sei und der Senat über genügend Expertise verfüge, um dies selbst zu erkennen. Als zweites wurde ein Antrag abgelehnt, in dem es darum ging den:die vorherige Inhaber:in eines Laserdruckers festzustellen, der bei einem der Angeklagten beschlagnahmt wurde. Dies wurde damit begründet, dass der Laserdrucker unerheblich für das Verfahren sei. Mehrere Anträge zur Vorladung von Beamt:innen, die Ringl vernommen haben, wurden abgelehnt, da die beantragten Inhalte schon durch die Verlesung der Protokolle bewiesen seien. Außerdem wurde ein Antrag zur Vernehmung von KHK Rauch abgelehnt, der Vernehmungen mit den Faschisten Ackermann, Schwaab und Andreas führte und zum Schlag auf die Windschutzscheibe befragt werden sollte. Dazu sei sich laut dem Vorsitzenden aber schon geäußert worden.


Danach verlas die GBA zwei Erklärungen zu Anträgen der Verteidigung. Die erste Erklärung richtete sich gegen einen Antrag der Verteidigung, in dem festgestellt werden sollte, ab wann Ringl Zugang zu den Verfahrensakten hatte. Dies sei für die Bewertung der Glaubwürdigkeit unerheblich und könne auch nicht durch das Gericht überprüft werden, da Schwaab, Andreas und Ackermann schon zuvor Akteneinsicht gehabt hätten und nicht ausgeschlossen werden könne, dass Ringl über diese bereits Einblick in die Akten hatte. Die zweite Erklärung richtete sich gegen den Antrag der Verteidigung, Akten zu Sachbeschädigungen in Wurzen, die durch den Faschisten Zahner begangen wurden, beizuziehen. Diese seien für die Entscheidung ohne Bedeutung, da daraus nicht geschlossen werden könne, dass es sich bei dem Angriff in Wurzen um eine Reaktion der lokalen Wurzener Szene auf die Sachbeschädigungen Zahners ohne Beteiligung durch Auswärtige handeln würde.
Am Ende des Verhandlungstages stellte die Verteidigung noch zwei umfangreiche Beweisanträge, in denen es um die Glaubwürdigkeit Ringls, die Bedeutung der Eisenacher Naziszene zur Schaffung eines Nazi-Kiez‘ und die Einbindung dieser in Neonazi-Netzwerke ging. Dazu sollen Akten aus Verfahren gegen Ringl wegen falscher Verdächtigung, gefährlicher Körperverletzung, unerlaubter Waffenführung, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen beigezogen werden. Die Verteidigung führte aus, dass Faschisten in Eisenach schon vor 2019 darauf hingearbeitet haben, einen Nazi Kiez bzw. eine No-Go-Area zu schaffen. Die von Ringl begangenen Straftaten sind ideologietypisch und besonders die falsche Verdächtigung wirft Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit auf. Durch die Beiziehung der Akten sollen mehrere Widersprüche in den Aussagen Ringls belegt werden, u.a. die vagen Ausführungen zur Bedeutung von „Knockout 51“ und des „Nationalen Aufbau Eisenach“, seine Beteiligung im neonazistischen Forum „IronMarch“ unter dem Username „antidemokrat“ und seine Kontakte zur „Atomwaffen Division“. Zum Verstoß gegen das Versammlungsgesetz hatte er ausgesagt, dass dies das Mitführen eines Zahnschutzes bei einer Veranstaltung in Ostritz gewesen sei, dazu kommt jedoch auch der Angriff und die Bedrohung von Teilnehmenden des Antifaschistischen und Antirassistischen Ratschlags in Eisenach am 2. und 3.11.2018 in Betracht. Die Akten werden zeigen, dass Ringl – anders als er in seinen Aussagen behauptete – schon 2017 und 2018 Pfefferspray und Teleskopschlagstöcke genutzt hat. Weiterhin wird gezeigt werden, dass Ringl Zeugen manipuliert, wie schon aus den verlesenen Chatnachrichten mit Schwaab deutlich wurde und so zu einer falschen Gruppenerzählung beitrug.
Der zweite Antrag sollte den neonazistischen und rassistischen Normalzustand in Eisenach belegen. Dazu sollte u.a. eine antifaschistisch engagierte Person aus Eisenach als Zeuge vernommen werden. Dabei ging es um konkrete Angriffe auf Antifaschist:innen in Eisenach. Außerdem sollte die Bedeutung von „Knockout 51“ und dem „Nationalen Aufbau Eisenach“ und die Rolle Ringls und Andreas‘ als Führungspersonen innerhalb dieser Strukturen für die Schaffung von No-Go-Areas in Eisenach belegt werden. Zur Begründung des Antrags wurden Passagen aus antifaschistischen Rechercheartikeln, Presse- und Forschungsberichten, die sich mit den Eisenacher Zuständen befassen, verlesen. Es sollen die Akten des Thüringer VS zu Ringl, Andreas, dem „Bull’s Eye“, „Knockout 51“ und dem „Nationalen Aufbau Eisenach“, sowie die Akte der GBA im §129 Verfahren gegen „Knockout 51“ beigezogen werden. Dies soll belegen, dass es sich bei „Knockout 51“ – anders als von Ringl und Andreas behauptet – nicht um ein unpolitisches Sportprojekt handelt. Um zu belegen, dass Ringl kein Demokrat und nicht am gewaltfreien demokratischen Diskurs interessiert ist, sollen Akten des Bundesamt für Verfassungsschutz zu Ironmarch, der „Atomwaffen Division“ und die GBA-Akte zu den Ermittlungen gegen Ringl wegen versuchter Mitgliedschaft bzw. Unterstützung der „Atomwaffen Division Deutschland“ beigezogen werden. Zusammenfassend führte die Verteidigung aus, dass in Eisenach eine neonazistische No-Go-Area geschaffen wurde und Ringl und Andreas maßgeblich daran beteiligt gewesen sind. Ringl ist außerdem kein Demokrat und nicht am gewaltfreien demokratischen Diskurs interessiert. In der Anklage behauptete die GBA, dass die angeklagte Vereinigung für die Verschiebung des politischen Diskurses in die Gewalt verantwortlich sei und konstruierte daraus die besondere Gefährlichkeit, die auch die Verhandlung vor dem Oberlandesgericht in Dresden rechtfertigen sollte. Dabei blendete die GBA die Eisenacher Zustände taktisch aus, um eine Verfolgung nach §129 zu rechtfertigen und auf eine Strafverschärfung hinzuarbeiten. Den Angeklagten mag vorgeworfen werden, in Eisenach Faschisten angegriffen zu haben, jedoch nicht den politischen Diskurs in Eisenach zerstört zu haben, da dies die Nazis selbst waren.


Während der Verlesung des Antrags unterbrach der Vorsitzende immer wieder die Verteidigung und echauffierte sich darüber, dass Zeitungsartikel vor Gericht keine Beweiskraft hätten und deshalb nicht verlesen werden sollen. Es entbrannte ein Streit zwischen Verteidigung und Vorsitzendem. Der Vorsitzende wurde dabei eindringlich von mehreren Verteidiger:innen für seine gegenüber der Verteidigung dauerhaft respektlose Prozessführung kritisiert, was dieser jedoch nicht einsah. Die Verteidigung wies den Vorsitzenden außerdem darauf hin, dass dieser, als es das erste Mal um den „Kampf der Nibelungen“ in der Verhandlung ging, keine Ahnung davon hatte und Journalist:innen einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über neonazistische Organisierung liefern.


Zum Ende der Verhandlung wurde noch ein weiterer Antrag der Verteidigung verlesen, in dem es um Observationen von Lina und einem weiteren Angeklagten im Juni 2020 ging. Es sollen Foto- und Videoaufnahmen des MEK Sachsen beigezogen werden, die belegen werden, dass Lina nicht nur durch eine stationäre Kamera, sondern auch durch Beamt:innen vor Ort observiert wurde und nicht an einer Ausspähung des Faschisten Brian Engelmann beteiligt war und sich nicht in der Nähe dessen Prüfungsorts aufgehalten hat.


Die Sitzung wurde um 17:04 Uhr geschlossen. Der nächste Verhandlungstag am 14.04.22 soll erst um 10:30 Uhr beginnen.