Bericht vom 67. Prozesstag im Antifa Ost-Verfahren am OLG Dresden am 22.09.2022
Der Prozesstag begann in Anwesenheit der Nebenklagevertreter Manuel Kruppe (vertritt Leon Ringl), Michael Hentze (vertritt Maximilian Andreas) sowie Arndt Hohnstädter, der Enrico Böhm vertritt, der am Vortag selbst zugegen war. Der Haftbefehl gegen Böhm wurde am 22.08.2022 „unter Auflagen ausgesetzt“.
Zudem war der, auch am Vortag angekündigte, befreundete Richter von Schlüter-Staats anwesend, um dem Prozess einen Tag lang beizuwohnen.
Kurz nach 9:40 Uhr betrat J.D. mit seiner Männer-Entourage den Sitzungssaal, neben ihm nahm sein Zeugenbeistand, Rechtsanwalt Michael Stephan, Platz. Der Vorsitzende Schlüter-Staats eröffnete den Prozesstag und erklärte, dass er noch drei Fragen habe.
Fortsetzung der Befragung durch den Senat: Fokus auf eine angeklagte und eine beschuldigte Person
Der Vorsitzende fasste zu Beginn der Befragung eine gestrige Aussage von J.D. über eine angeklagte und eine beschuldigte Person zusammen. Die Richtigkeit der Zusammenfassung bestätigte J.D., bevor der Vorsitzende zur eigentlichen Frage überging. So wollte dieser wissen, ob J.D. etwas zum Verhältnis zwischen beiden sagen könne.
J.D. schien – oder gab – sich abermals schwer von Begriff, so benötigte es mehrere Anläufe, bis Schlüter-Staats ihm begreiflich machen konnte, was er von ihm wissen wolle. Dann schaffte es J.D. tatsächlich, eine Antwort zu formulieren. So gab er seine Wahrnehmungen und Einschätzungen zu den beiden Personen wieder, wie er deren Miteinander wahrgenommen habe.
„Die Leipziger“
Schlüter-Staats wollte danach genaueres zu Kreisen und Gruppen wissen, über die J.D. häufiger sprach, so beispielsweise „die Leipziger“. Konkret zu diesen wollte er erfahren, wer damit gemeint sei und ob und wem gegenüber er diese Bezeichnung genutzt habe. J.D. nannte die Namen zweier beschuldigter Personen sowie einer angeklagten Person. Der Vorsitzende hakte ein und stellte eine Verständnisfrage und wiederholte, wen J.D. unter „die Leipziger“ gefasst habe. Dieser bejahte lediglich, dass dem so sei.
Andere militante Kleingruppen in LE
Der Vorsitzende erfragte, ob es noch weitere gewaltbereite Kleingruppen in Leipzig gegeben habe. J.D. erzählte dann, jedoch musste Schlüter-Staats die Frage erneut konkretisieren. So wolle er eigentlich wissen, ob militante Aktionen, die einen Leipzig-Bezug hätten, mit den von J.D. genannten Personen in Verbindung stünden. J.D. meinte, es könne sich auch um eine andere Kleingruppe handeln, es sei abhängig vom politischen Thema.
Schlüter-Staats fragte, ob ihm bekannt sei, ob es andere Kleingruppen gäbe, die Straftaten begangen hätten. J.D. meinte, diese habe es auch in Berlin gegeben. Im Speziellen für Leipzig, fragte der Vorsitzende und J.D. entgegnete: „Ja klar“. Dann wollte der Vorsitzende wissen, ob er Unterscheidungen zwischen diesen Kleingruppen machen würde. Vor allem die Art und Weise der Ausübung von Gewalt sei eine generelle Debatte unter militanten Linken, also die Frage, wie weit gegangen werden kann, wie weit wiederum nicht.
Der Vorsitzende ging auf die Art und Weise der Gewalt ein und erfragte, ob diese für die von J.D. genannte Gruppe spezifisch sei oder auch bei anderen so ausgeübt werden würde. J.D. meinte, dies sei seinem Empfinden nach schon etwas Spezifisches, also hinsichtlich der Brutalität sowie des Vorgehens.
Schlüter-Staats machte hinsichtlich des Spezifischen einen Vorhalt aus der polizeilichen Vernehmung in der J.D. gesagt habe, es habe andere Kleingruppen gegeben, jedoch sei die Art und Weise spezifisch für Kreis 1 (siehe Prozesstag 66) gewesen. Diese Aussage bestätigte J.D..
Verfolgungsdruck – ein Thema?
Danach ging es um die Frage, ob das enge Zusammenarbeiten als flexibel agierende Gruppe eine Bedeutung habe. Als J.D. mithilfe des Stichworts „kriminelle Vereinigung“ die Frage zu verstehen schien, meinte er, dass ein Beschuldigter schon darüber gesprochen habe, dass ein solches Verfahren daraus werden könne, aber dies sei eine Grundangst bei vielen, dass aus solchen Straftaten eine Vereinigung konstruiert werden könne und dementsprechende Verurteilungen folgen könnten. Der Vorsitzende wollte wissen, wann darüber gesprochen worden sei, dass man in diesen Fokus geraten könne, ob das vor oder nach Eisenach gewesen sei. J.D. antwortete sehr generell, dass das in der gesamten militanten Szene immer wieder Thema sei.
Der Vorsitzende fragte wiederum genauer nach und meinte, aus der Antwort von J.D. herausgehört zu haben, dass er gemeint haben könnte, dass es schon vor Eisenach diese Befürchtung gegeben habe, daher sagte er J.D., er solle sich nicht allgemein, sondern es auf die Gruppe bzw. sich beziehen. J.D. entgegnete, dass für die Angeklagten eine etwaige Verfahrenseröffnung Thema gewesen sei, aber ebenso für alle, die in der militanten Szene agiert hätten. Wer wiederum legalistische Politik mache, müsse sich seiner Einschätzung nach keine Gedanken wegen etwaiger Ermittlungen machen. Daraufhin machte der Vorsitzende einen Vorhalt aus der vierten polizeilichen Vernehmung des J.D.. Aus diesem solle hervorgehen, dass man als Personenkreis in den Fokus der Ermittlungsbehörden rücken würde, wenn so etwas besprochen werde, vor allem, wenn man sich von anderen im Agieren abheben würde. J.D. meinte dann, dass es schon ein Bewusstsein dahingehend gegeben habe, dass es Folgen habe, wenn Personen bei so genannten Ausfahrten erwischt werden würden.
Erneut brachte der Vorsitzende einen Vorhalt ein und verwies darauf, dass J.D. gemeint habe, dass die Gruppe sich aufgrund der Tatmittel abgehoben habe. Er wollte in diesem Zusammenhang wissen, ob dies als Argument für ein etwaiges bestehendes Risiko erachtet wurde. J.D. meinte, er würde dies nun nicht ausschließlich an den Tatmitteln festmachen wollen, woraufhin der Vorsitzende erwiderte, er habe ihm lediglich einen Vorhalt gemacht. Schlüter-Staats probierte das zuvor von J.D. gesagte zu verstehen und fragte, ob dieser nicht nur die Tatmittel, sondern auch die Art der Aktionen dies Gruppe von anderen abgehoben habe, was J.D. bejahte.
Kritik an Gewalt
Danach übernahm ein Besitzer kurzzeitig die Befragung. Er hatte eine Nachfrage, die eine etwas vorher getätigte Aussage des J.D. betraf. Dabei ging es um die Kritik am Ausmaß der Gewalt. Er wollte wissen, womit die Leute, die Kritik geübt hätten, nicht einverstanden gewesen seien, ob es die genutzten Tatwerkzeuge, dass angeblich gegen Personen und nicht Gegenstände vorgegangen wurde oder beziehe es sich auf die Intensität des Einsatzes der Tatwerkzeuge. J.D. sagte kurz, es gehe um die Intensität sowie das Gewaltlevel.
Interessen des Senats: Deutsche/Schlechte Filme
Danach wurde der Prozess um eine weitere Kuriosität reicher. Der Vorsitzende fing an über Sportgruppen zu schwadronieren, wobei er einerseits gewalttätige Auseinandersetzungen bei Demonstrationen „von beiden Seiten“ erkenne; Gewalt nicht ungewollt geschehe, sondern gezielt gesucht werde, wie in Frankfurt/Main bei der Eröffnung der EZB oder gezielt Personen angegriffen werden, die zuvor gar nicht selbst Angriffe getätigt hätten. Bis dato hätte durchaus auch davon ausgegangen werden können, dass Schlüter-Staats bei einer der „beiden Seiten“ das gewalttätige Vorgehen deutscher Polizist:innen gegen alle, die sich in der linken Bewegung emanzipatorisch Engagieren gemeint haben könnte, jedoch kam dann der große Knall: Er wollte wissen, ob dies ein Thema bzw. ob Gewalt überhaupt ein Thema gewesen sei. Denn er kenne da so einen interessanten Film, der „Und morgen die ganze Welt“ hieße, in dem es eine Figur gäbe, die meinte „ihr seid ja schon wie die.“ An dieser Stelle wurde klar, Schlüter-Staats wollte nicht die alltägliche Polizeigewalt und das Morden dieser zur Sprache bringen, sondern das verengte und verkürzte Weltbild bürgerlicher Kreise wiederkäuen: Die Gleichsetzung von links und rechts.
Die Verteidigung wollte schließlich erfragen, wo der Vorsitzende im Kontext der Aussagen des J.D. den Begriff „Sportgruppen“ gefunden habe, was dieser nicht beantworten konnte; er nur wisse, dass es irgendwo stehen würde. Ihm sei es auch gar nicht um den Begriff als solchen gegangen, sondern er machte diese ausschweifenden Ausführungen, um in Erfahrung zu bringen, ob es einen Austausch über Gewalt und deren Anwendung sowie deren Grenzen in der Szene gegeben habe, speziell, ob die hier konstruierte und verfolgte Gruppe mit anderen so einen Austausch eingegangen sei. Dabei hob er nochmals die Worte einer Darstellerin aus dem Film hervor, um zu unterstreichen, um welchen Austausch es im konkret gehe: „ihr seid ja schon wie die.“ J.D. meinte, ihm seien keine Zweifel der Leute aus dem Verfahren sowie generell von Personen, mit welchen er zu tun gehabt habe, bekannt, die Angriffe auf Neonazi bei ihnen zu Hause beträfen.
Schlüter-Staats fühlte sich falsch verstanden und meinte, dies sei zwar interessant, aber er wolle eigentlich wissen, ob aus dem Kreis auch mit anderen über das Thema gestritten worden sei oder irgendwann nicht mehr. J.D. meinte, dies sei bestimmt der Fall gewesen. Der Vorsitzend erfragte dann, ob er mal bei solchen Diskussionen dabei gewesen sei, woraufhin J.D. antwortete, das wisse er nicht. Es habe die ganze Zeit Diskussionen gegeben, jedoch sei es nach seinem Empfinden für alle Beteiligten okay abgelaufen.
Interessen des Senats: Clubbing
Danach stieg der Beisitzer wieder in die Befragung ein. Er sagte, es sei in einem Chat auf dem Telefon eines Beschuldigten mal eine Abkürzung gefallen, weshalb er Wissen wolle, wer oder was damit gemeint sei. J.D. meinte, die Abkürzung stehe für einen Veranstaltungsort, den er als Partylocation kenne. Er sei da da mal mit weiteren Personen gewesen.
Auf Nachfragen meinte J.D., diese Location würde sich in Leipzig befinden. J.D. sinnierte vor sich hin, wofür die Abkürzung eigentlich stehe und versuchte sich der richtigen Antwort zu nähern mit: „Zentrum für“. Doch eine kleine Unsicherheit machte sich breit, da er befürchtete, dies eventuell doch mit einem anderen Ort zu verwechseln und fragte sich, ob es nicht das „Zentrum für Irrelevanz“ gewesen sein könne. Fest stehe aber, es sei ein Club und nichts anderes.
Lichtbildaufnahmen und Audio-Mitschnitte der Innenraumüberwachung
Schlüter-Staats hielt J.D. zwei Bilder vor und fragte, ob er zu den abgebildeten Personen etwas sagen könne. Dies verneinte er bei beiden Personen.
Der Vorsitzende verfügte, Mitschnitte der Innenraumüberwachung eines Fahrzeugs (die Innenraumüberwachung war schon häufiger Thema) vorzuspielen. Die Verteidigung legte Widerspruch gegen die Einführung und Verwertung der Mitschnitte ein und bezog sich dabei auf vorherige Widersprüche diesbezüglich. Der Vorsitzende wies den Widerspruch zurück. Die Verteidigung verwies auch auf den fehlenden Sachverstand des J.D., was Stimmenerkennung betrifft. Der Vorsitzende meinte daraufhin nur salopp, er wolle ihn auch nicht als Stimmensachverständigen bestellen. Der Widerspruch wurde protokolliert und via Gerichtsbeschluss die Zurückweisung des Widerspruchs durch den Vorsitzenden bestätigt. Die Ergebnisse der Innenraumüberwachung seien somit nun verwertbar und können damit zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht werden. Der Vorsitzende nahm hinsichtlich der Begründung Bezug auf die vorherigen Beschlüsse.
Mit dem beginnenden Abspielen der Audioaufnahmen verließen solidarische Menschen den Sitzungssaal.
Währenddessen wurden vier Mitschnitte abgespielt. Nach jedem dieser Mitschnitte wurde J.D. gefragt, wen er da gehört habe. So meinte J.D., sich sowie eine angeklagte sowie beschuldigte Person zumeist gehört zu haben. Im Weiteren äußerte sich J.D., woran er festmache, wen er da gehört habe.
Kurz bevor es in die erste Pause ging, meinte Schlüter-Staats, auf die Frage der Oberstaatsanwältin der Bundesanwaltschaft (BAW) Alexandra Geilhorn, ob der Senat etwas zur Aussage-Genese erfragen wolle, dass dem so sei.
Nach einer 20minütigen Pause, die der Nebenklagevertreter Kruppe nutzte, um zu verschwinden, benannte der Vorsitzende eine Stelle, an der der Begriff Sportgruppe vorkäme. Die Verteidigung wies daraufhin, dass an dieser Stelle nicht die Abgrenzungsfrage ersichtlich sei, mit welcher der Vorsitzende die Sportgruppen einleitete. Der meinte daraufhin, dass er es gerade nicht habe abgrenzen wollen, er dies der Szene überlasse.
Danach leitete er zum Zustandekommen der Aussagen des J.D. über.
Befragung des Senats zur Aussage-Genese
J.D. habe am Anfang seiner Aussagen vor Gericht (siehe Bericht des 60. Prozesstages unter der Überschrift „Motivationsmonolog des J.D.“) geschildert, weshalb er nun hier sitze. Zu diesem Zeitpunkt habe der Senat nicht nachgefragt, was er nun aber tun wolle. Er nannte Stichworte – Polen, nicht zur Ruhe kommen, Outcall –, die zur Entscheidung des J.D. geführt hätten, sich zu stellen. Er habe also eine Einsicht gehabt und realisiert, ein selbstbestimmtes, ruhiges Leben führen zu wollen. J.D. bestätigte dies und meinte, er habe keine Lust darauf gehabt, dass ihn wer anrufe und Fragen stelle.
Der Vorsitzende wollte wissen, ob er den Kontakt zur Polizei oder dem Verfassungsschutz aufgenommen habe oder ob wer an ihn herangetreten sei. J.D. verwies auf das eingangs Erzählte. Er habe gedacht, er ziehe es einfach so durch. Es sei nie sein Gedanke gewesen, hier zu sitzen und auszusagen. Dies sei nicht sein Ziel gewesen, trotz des Outcalls, trotz des Angriffs am 12.12. [gemeint sicherlich 11.11.]. Er habe es als bedenklich gefunden, dass „wir“ früher die gleichen Ideen gehabt hätten und es den Leuten jetzt egal sei, dass er in Warschau angegriffen werde. Da habe er sich gedacht „okay, scheiß drauf.“
In dem Moment kommentiert ein Angeklagter die Aussage mit: „Du laberst so einen Müll, du redest so eine Scheiße.“ Laut dem Vorsitzenden sollen Kommentare unterlassen werden. Dann setzte J.D. seine Geschichte fort:
Er habe sich gedacht, es sei nicht auszuschließen, dass irgendwer seinen Namen Online finden würde. Dadurch habe er gesehen, dass es mit der Arbeit so nicht funktionieren würde, obwohl er sich sehr wohl gefühlt habe und ein gutes Verhältnis zu Eltern und den Kolleg:innen gehabt habe.
Er habe die ganze Zeit Kontakt gehabt, so auch im Zeitraum der Hausdurchsuchungen im Februar 2022 [gemeint war wohl Januar].
Er habe zu überlegen begonnen, als Leute gesagt hätten, er habe durch seinen Wegzug alles verwirkt oder als er sich bei wem gemeldet habe, dann aber nichts zurückgekommen sei. Und dann habe es urplötzlich diesen Moment gegeben, wo der den Kindergarten verlassen und sogleich Personen gesehen habe, wo in ihm die Frage aufstieg, wer dies den sei. Diese Personen entpuppten sich dann als Angehörige des Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sowie vom polnischen Inlandsgeheimdienst – letztere hätten da Amtshilfe geleistet. Erst habe er keinen Bock darauf gehabt, aber dieser Moment schien schnell verflogen, denn dann habe er sich auf ein Gespräch eingelassen. Aus seiner Sicht würde das ja nix bedeuten. (Hinweise zum Umgang mit Anquatschversuchen findet ihr u.a. hier http://rotehilfegreifswald.blogsport.de/images/AnquatschWeb.pdf oder hier https://antirepression.noblogs.org/files/2011/07/anquatsch.pdf.)
Die VS-Mitarbeitenden hätten ihm dann ihre Sicht seiner Situation dargelegt. Irgendwann habe er sich überlegt, dass sie im Ergebnis Recht haben würden, was seine Lage angehe. Er meinte, selbst nicht mehr über das, was er machen wolle, verfügt zu haben, wozu er auch „Kontrollanrufe“ rechne. Dadurch habe er sich dann entschieden, sich ranzutasten und dabei habe er gemerkt, dass es für ihn die richtige Herangehensweise gewesen sei, um so aber auch mit Leuten und der Szene zu brechen.
Den Kontakt zu den Behörden habe er angeblich nicht selbst gesucht, sein Ziel sei nicht Rache oder so, sondern der Verfassungsschutz sei auf ihn zugekommen und dann habe sich das Zustandekommen der Zusammenarbeit entwickelt.
Schlüter-Staats fragte nun, ob der Verfassungsschutz ihn in Polen ausfindig gemacht habe und dann vorm Kindergraten gestanden habe, um da mit ihm zu sprechen. Das bejahte J.D.. Der Vorsitzende wollte im Weiteren wissen, was J.D. da gesagt worden sei und worum es gegangen sei. Dieser behauptete, es sei um die Beiträge im Internet [gemeint ist damit das Outing gegen ihn, den Vergewaltiger Johannes Domhöver https://de.indymedia.org/node/156448], die Gesamtlage im Verfahren sowie seine konkrete Situation gegangen. Es habe, so versuchte J.D. den Anwesenden glauben zu machen, keine Versprechen oder Absprachen bezüglich Geld gegeben; seine einzige Motivation sei es gewesen, so nicht weiter machen zu wollen. Er hätte es gerne auslaufen lassen und hinsichtlich dem Verfahren in Gera hätte er geschaut, was sich ergeben würde. Jedoch habe sich dann der Weg so abgezeichnet, wie er nun verlaufen sei.
Der Vorsitzende hielt fest, dass J.D. seine Situation vor Augen gehalten worden sei und er diese als plausibel erachtete habe. J.D. bestätigte dies und meinte, die Analyse habe er selbst auch gehabt, nur habe er es nicht so gedreht, dass er von sich aus auf eine Strafverfolgungsbehörde zu gegangen wäre.
Ob mit ihm die strafrechtliche Situation erörtert wurde, wollte der Vorsitzende wissen. Diese, so J.D., habe er ja selber auch gekannt, auch wegen seiner Vorstrafen habe er sich Gedanken darüber gemacht. Er habe einen Neustart in Warschau beginnen wollen und habe sich gewünscht, dort alles aussitzen zu können. Er habe die Gruppe im Kindergarten weitermachen wollen und habe ein unspektakuläres Leben angestrebt.
Die Bewährungszeit wäre, so die Frage des Vorsitzenden, 2021 abgelaufen. J.D. verneinte es und meinte er habe fünf Jahre Bewährung gehabt, sodass sie 2020 – in diesem Moment unterbrach er sich selbst und dann der Vorsitzende ihn, der feststellte, dass dies Bewährungsstrafe 2016 rechtskräftig geworden sei, woran J.D. anknüpfte und schließlich doch das Jahr 2021 bestätigte.
Schlüter-Staats meinte im Bezug darauf, dass dies ja nicht mehr solange hingewesen wäre. J.D. verwies dann auf die Straftat, die während der Bewährung gewesen sei und es unklar wäre, wie das ausgegangen wäre.
Ob ihm seitens der Personen, die an ihn herantraten, aufgezeigt wurde, dass ein europäischer Haftbefehl möglich wäre und um ihn folglich auch in Polen festnehmen zu können. J.D. meinte, seitens des polnischen Inlandsgeheimdienstes habe es gehießen, dass er in Polen leben könne, solange er keine Straftaten begehe. Jedoch habe der Vorsitzende dies nicht gemeint, denn er hätte gar nicht raus geschmissen werden können; sondern er wollte wissen, ob die Ermittlungsbehörden beabsichtigt hätten, einen Haftbefehl zu erlassen, wenn sie nicht wüssten, wo sich J.D. aufhalte. Der meinte, sein damaliger Anwalt, Alexander Kienzle aus Hamburg, habe vom Polen-Aufenthalt gewusst. Er sei auch in Polen gemeldet gewesen. Er habe selbst keinen Grund für einen europäischen Haftbefehl gesehen. Es sei völlig entspannt gewesen, so seine Einschätzung.
Die Frage, ob er mit seinem Anwalt über die Möglichkeit eines Haftbefehls gesprochen habe, leitete J.D. selbst mit einer Frage ein. So sagte er, ob sich diese darauf beziehe, bevor er nach Polen gegangen sei. Ohne eine Reaktion abzuwarten, wiederholte er Gesagtes: Für ihn habe sich ein Haftbefehl nicht als existent abgezeichnet, da er bei Hausdurchsuchungen und DNA-Abnahmen immer anzutreffen war.
Der Vorsitzende meinte, das sei verständlich, wenn er sich anmelde, gäbe es keinen Haftgrund. Er habe allerdings J.D. so verstanden, dass dieser sich dennoch in einer schwierigen Situation befunden habe, keinen grünen Zweig gesehen habe und dann der Verfassungsschutz aufgetaucht sei. Und er wollte wissen, ob er bereits im ersten Gespräch sein Interesse bekundet habe, Aussagen zu machen. J.D. wies das entschieden zurück und betonte, dass er sich das „natürlich“ überlegt habe. Es sei für ihn eine große Hemmschwelle gewesen, weshalb er „wirklich lange darüber nachgedacht“ habe. Trotz der zerrütteten Verhältnisse zwischen Personen, auch trotz anders lautender Darstellungen, sei es ihm „natürlich“ nicht egal gewesen. Und jetzt mache er einfach Seins weiter und ihm wäre es egal. Er habe eine Bedenkzeit erhalten, in welcher er sich die Zeit genommen habe, alles zu durchdenken.
„Ich glaube zwei Tage“: J.D.s kurzer Weg zu den Repressionsbehörden
Da hakte der Vorsitzende ein und fragte, wie lange diese gewesen wäre, ob eine Woche, einen Monate oder sogar gänzlich unverbindlich. J.D. antwortete ausweichend und meinte, es sei ein abgesteckter Zeitraum gewesen. Schlüter-Staats schien damit nicht zufrieden und fragte erneut, die lange dieser nun gewesen sei. Und J.D. traute sich tatsächlich „ich glaube zwei Tage“ zu antworten. Ihm schien die Absurdität der Antwort wohl tatsächlich selbst bewusst zu sein, meinte er doch, dass dies womöglich lächerlich klingen mag, aber die Situation sei ihm immerzu präsent gewesen, dort wo er gewohnte habe.
Schlüter-Staats meinte, dass man vermutlich auch nicht schlauer werde, wenn man länger darüber nachdenken würde und ging anschließend zur Frage über, wann dieses Treffen vor dem Kindergarten gewesen sei. J.D. wisse es nicht mehr genau, denke aber, es sei März oder April gewesen. Und wann sei er gekündigt worden, schob der Vorsitzende als Frage hinterher. J.D. meinte im April, verbesserte sich sogleich auf März, nur um sich dann auf März oder April festzulegen.
Ein genaueres Datum könne er nicht nennen, wollte Schlüter-Staats in Erfahrung bringen, was J.D. verneinte. Der Vorsitzende bohrte weiter nach und verwies auf etwaige Notizen, aber auch aufgeschrieben habe er nichts, so J.D.. Er wisse nur noch, dass das Treffen an einem Montag oder Dienstag gewesen sei, weil er da seine kurzen Dienste gehabt habe und bereits 13 Uhr den Kindergarten verlassen habe.
Danach fragte der Vorsitzende, ob J.D. im April gekündigt worden sei und ob dann mit sofortiger Freistellung oder zum Monatsende. J.D. verneinte dies und erzählte dann, wie er die zeitlichen Abfolgen wahrgenommen haben will. Seine damalige Chefin des Kindergartens habe ihn zu einem Gespräch eingeladen, in welchem es letztlich um den im Internet auffindbaren Outcall gegangen sei. Sie habe gesagt, sie selbst habe das Geschriebene und die Art als kritisch empfunden, sie müsse dies jedoch juristisch prüfen lassen. Sie selber sei mit seiner Arbeit zufrieden.
Er habe zuvor eine einmal jährlich stattfindende Prüfung gehabt, nach der sie auch gemeint habe, dass er sehr gut ins Team passen würde. Dennoch habe sie darauf reagieren müssen, da ein Elternteil sie darauf angesprochen habe. Wer sie da angesprochen habe, wisse er aber nicht. Sie müsse mit der Rechtsabteilung darüber reden, weshalb er für die kommenden drei bis vier Tage eine Freistellung erhalten habe. Anschließend hätten sie sich wieder getroffen, die neben dem Kindergraten sei. Dort sei ihm mitgeteilt worden, dass das Beschäftigungsverhältnis aufgrund der bestehenden Situation nicht aufrechterhalten werden könne. Der Vertrag sei dann im gegenseitigen Einvernehmen, im polnischen Arbeitsrecht sei diese gleichbedeutend wie eine Kündigung, aufgehoben worden, wodurch sich einerseits Aufwand erspart worden sei, andererseits habe er noch bis Ende des Monats Geld erhalten.
Der Vorsitzende wollte wissen, ob er dann nicht mehr da gearbeitet habe. J.D. bestätigte, nicht mehr im April da gearbeitet zu haben. Ob er das Gespräch noch einordnen können, wollte der Vorsitzende wissen. Hierbei warf J.D. ein, alles sei Schlag auf Schlag gegangen. Der Vorsitzende wollte aber wissen, ob er das Gespräch mit der Kindergartenleitung zeitlich einordnen können, was J.D. zumindest vermutete zu können, da er meinte, es sei wohl an einem Donnerstag gewesen. Jedoch fühlte sich der Vorsitzende weiterhin missverstanden, weshalb er explizit fragte, ob das Gespräch mit der Leitung auch am 01.04. gewesen sein. Es sei vorab gewesen, so J.D.. Nach weiteren Fragen wurde klar, dass es noch im März gewesen sei und zwischen der Freistellung und dem Aufhebungsvertrag des J.D. drei Tage gelegen hätten. Danach habe er nicht weiter gearbeitet, sondern während der Freistellung habe er weiterhin Lohn erhalten, während sich die Leitung beraten habe. Er habe ja nichts dagegen machen können. Obwohl sie ihn als Person und Erzieher gekannt hätten, sei es gegenüber Eltern nicht vermittelbar gewesen, was im Internet zu ihm gestanden haben soll. Nach den drei Tagen habe es das Treffen in der Schule gegeben.
Danach folgte der Aufhebungsvertrag. Er habe zwischen den Gespräch mit der Leitung nicht im Kindergarten bearbeitet. Der Vorsitzende wollte danach wissen, ob das Treffe mit dem Verfassungsschutz also davor stattgefunden habe, was J.D. bestätigte. Er habe ungefähr zwei Tage Bedenkzeit vom Verfassungsschutz erhalten.
Der Vorsitzende ging danach auf die zeitliche Abfolge von Beschäftigungsende im Kindergarten, dem Gespräch mit dem Verfassungsschutz sowie seiner Entscheidung ein und wollte wissen, ob sich das miteinander überschnitten habe, was J.D. verneinte. Es habe lediglich zeitlich sehr dicht beieinander gelegen.
Danach wollte Schlüter-Staats einen längeren Gedanken äußern und setzte zu seiner Formulierung an. Er meinte, J.D. habe vorm Kindergarten diese Leute getroffen, während er noch dort gearbeitet habe. J.D. glaubte zu wissen, was der Vorsitzende erfragen wolle und äußerte dies. Der Vorsitzende setzte seine Frage fort und fasste zusammen, wie er den J.D. verstanden habe. So habe dieser zwei Tage Bedenkzeit erhalten und anschließend soll er sich entschieden haben. Der Aspekt mit den Gesprächen und der Aufhebung hätte sich länger hingezogen. Die Ansprache des Verfassungsschutz hätte vor dem Gespräch mit der Kindergarten-Leitung stattgefunden. Dies sei richtig, so J.D. Alles habe „Schlag auf Schlag“ stattgefunden, dazwischen sei nicht viel Zeit vergangen.
Der Vorsitzende sprach daraufhin die zweitägige Bedenkzeit an und wollte wissen, wozu er sich dann entschieden habe, da dies ja nicht die Endstufe gewesen sei. Dies bestätigte J.D., vielmehr sei es ein herantasten durch verschiedene Gespräche gewesen. Auch in Polen hätten diese Gespräche unter anderem bereits stattgefunden, so J.D.. Die zwei Tage habe er zum Nachdenken erhalten, ob er diesen Schritt gehen wolle. Und welchen, fragte der Vorsitzende. J.D. meinte, ob er mit dem BfV zusammenarbeiten wolle und ob die Zusammenarbeit mit weiteren Behörden eine Option wäre.
Hier versuchte der Vorsitzende in die Tiefe zu gehen und wollte wissen, ob es primär um die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz gegangen sei oder ob gleich zu Beginn auch Aussagen bei anderen Ermittlungsbehörden Thema waren. Es sei sei die Tendenz gewesen, so J.D.. Im Gespräch sei klar vermittelt worden, worum es gehen solle: Konkret sei es die Zusammenarbeit mit dem BfV gegangen, wobei das Ziel die Übergabe an Ermittlungsbehörden gewesen wäre, um dann bei diesen Aussagen zu tätigen. „Klartext“ sei da gesprochen worden, meinte J.D. ganz ehrfürchtig.
Das nahm der Vorsitzende zum Anlass und meinte, diese seien zwei unterschiedliche Dinge. Das eine sei, dem Verfassungsschutz etwas zu sagen; das andere den Ermittlungsbehörden, was er hier gerade täte. Es sei gezielt um den Prozess, um das Verfahren gegangen, so J.D.. Es sei nicht darum gegangen, ihn als Vertrauensperson anzuwerben. Der Vorsitzende wollte daher wissen, ob es darum nie gegangen sei und ob er nur Informationen über das, was gewesen sei, hätte mitteilen sollen. „Ja, zum Beispiel“, meinte J.D. daraufhin.
Ob es ein Unterschied gewesen sei, dass der Verfassungsschutz für sich Informationen habe haben wollen oder ob klar gewesen sei, dass das eigentliche Ziel der Gespräche eine Aussage bei der Polizei gewesen wäre. Beides, so J.D.. Der Verfassungsschutz habe Informationen haben wollen, gleichzeitig hätten sie die Übergabe an die Ermittlungsbehörden vorbereitet.
Der Vorsitzende hielt zur zweitägigen Bedenkzeit fest, dass es am Ende dieser eine Entscheidung habe geben sollen. Und er fragte, ob die Entscheidung entweder gewesen sei, ob überhaupt eine Zusammenarbeit stattfinden würde oder ob sich überhaupt erst einmal weiter unterhalten werden würde. J.D. meinte, die weitere Unterhaltung sei es, dennoch habe auch die Tendenz zur weiteren Zusammenarbeit gegeben, letztlich könne „man da auch keine halben Sachen machen“.
Und was habe ihn nun bewogen, sich nach zwei Tagen für ein weitere Zusammenarbeiten zu entscheiden, erfragte der Vorsitzende. Er habe die Ausgangssituation des J.D. verstanden, jedoch sei ihm unklar, was das nun hätte besser machen sollen. Sein Motiv sei es gewesen, was es besser habe machen können. Jedoch gäbe es nie eine Garantie, dass es besser wird. Aber für ihn habe es sich richtig angefühlt – auch jetzt sei es noch so –, den Schritt zu gehen und mit seiner Vergangenheit zu brechen.
Der Vorsitzende fragte ihn anschließend, was er sich davon versprochen habe, denn seiner Auffassung nach habe sich die politische Ausrichtung nicht komplett geändert, er habe eher nur seine Sichtweise darauf geändert, wie legitim die Ausübung von Gewalt sei. (Zwischendurch stotterte J.D. etwas herum). Daher sei es nicht selbstverständlich, das er nun beim Verfassungsschutz Aussagen treffen und mit der Vergangenheit brechen wolle. Für ihn, behauptete J.D., sei es ein schwieriger Schritt gewesen, da er unterschiedliche Szenarien im Kopf durchgespielt habe. Dies sei ein ständig laufender Prozess gewesen und wäre nicht nur an dem Tag passiert, an welchem er angesprochen worden sei. Für ihn sei es kein Problem, dass die Szene oder Personen mit ihm gebrochen hätten oder das Leute ein anderes Bild nun von ihm hätten. Dies habe ihn nicht interessiert, betonte er. Hingegen interessiere es ihn dann, wenn seine finanzielle und wirtschaftliche Existenz vernichtet werden würde.
Der Vorsitzende fragte sich nach dem Gehörten, was sich J.D. nun davon versprochen habe, dass die Situation besser werden könnte, wenn er mit dem Verfassungsschutz rede. J.D. antwortete, er wolle sein Schicksal selbst in die Hand nehmen und nicht weiter Gespräche führen, die sich im Kreis drehen würden.
Um es auch J.D. verständlich zu machen, wiederholte der Vorsitzende seine Frage und führte diese umfassender aus. So skizzierte er einen Extremfall, wonach J.D. vor dem Kindergarten auf den Verfassungsschutz treffe, der gerne Informationen von J.D. über Straftaten haben und ihm entgegnen würde, er solle mal darüber nachdenken. Er befände sich zudem in einer prekären Situation, weil auch das Outing Thema in Polen wäre, er aber vom Kindergarten noch nicht gekündigt worden wäre. Es sei ja aber nicht so gewesen, dass sie sich bei ihm mit sechs Flaschen guten Rotwein bedankt hätten. Wäre zumindest etwas, was vorstellbar wäre, so der Vorsitzende, jedoch gehe er nicht davon aus, dass dieses Gespräch so gelaufen sei. Daher wollte er nun wissen, was sich J.D. ganz konkret davon versprochen habe. Dieser meinte, er habe einen Schlussstrich ziehen wollen. Er habe sich den Scherbenhaufen angeschaut: Immer nur Gespräche, die im Kreis geführt worden seien; nicht in die Städte reisen zu können, wenn er das gewollt habe.
Der Vorsitzende sah sich genötigt, abermals seine Frage zu wiederholen wie auch zu präzisieren, da J.D. augenscheinlich nicht verstand oder verstehen wollte, was das Anliegen der Frage ist. So meinte der Vorsitzende, er wisse nicht, weshalb es so schwierig zu verstehen sei, was er frage. Daher fragte Schlüter-Staats nun ganz gezielt, ob sich J.D. erhofft habe, in den Zeug:innenschutz aufgenommen zu werden und somit eine neue Identität und alles drumherum zu erhalten. J.D. verneinte und meinte, diese Optionen hätten sich erst während des Ganzen aufgetan, er aber habe lediglich einen Schlussstrich ziehen wollen. Zudem meinte J.D. allen Ernstes, er habe wieder ein selbstbestimmtes Leben führen wollen.
Darauf erwiderte der Vorsitzende, ein selbstbestimmtes Leben entstehe nicht dadurch, dass er hier Angaben mache. J.D. äußerte, er betrachte es als Ablösungsprozess. Schlüter-Staats verblieb bei seiner Frage, was sich J.D. nun erhofft habe. Diese leitete er abermals umfassend ein und verharrte hier – entsprechend der christlichen Tugend „Hoffnung“ – im Religiösen: Er verwies auf den Heiligen Augustinus, der sich zu inneren Läuterung äußerte und meinte, es wäre ein Schlussstrich zu ziehen und alles zu verändern. J.D. meinte, habe für sich einen Schlussstrich erhofft. Er habe keine Rache geübt, denn, wenn er hätte Rache üben wollen, hätte „es 1000 andere Möglichkeiten gegeben.“ Er habe mit den Leuten brechen und seinen eigenen Weg gehen wollen. Wie es nun gelaufen sei, sei nicht das, was er sich erhofft habe. Seine Idealvorstellung wäre in einem Kindergarten zu arbeiten und ein ruhiges Leben zu führen; zumindest erhoffe er sich das nun von seinen Aussagen.
Und welche Perspektiven er sich da erhofft habe, beantwortete J.D. mit dem zuvor Gesagten: Ein entspanntes und ruhiges Leben strebe er an. Danach bezog sich Schlüter-Staats abermals auf ein religiöses Moment: So wäre die Beichte etwas, wonach zumindest innerlich alles bereinigt wäre, dennoch ändere dies nichts an der äußeren Situation, die unbeeinflusst bliebe. Entsprechend wollte der Vorsitzende wissen, was ihm angeboten worden sei, welche Möglichkeiten ihm diesbezüglich vor Augen geführt worden wären und fragte, ob ihm das Zeug:innenschutzprogramm (ZSP) und eine neue Identität in Aussicht gestellt worden sei. J.D. verneinte das, dies wäre erst einmal nicht geschehen.
Auch erhofft habe er sich dies vorerst nicht, beantwortete J.D. die Frage des Vorsitzenden, ob er sich dies erhofft habe. J.D. fügte dem jedoch hinzu, dass er erst einmal mit den Sachen, die sein Leben negativ berühren, habe abschließen wollen, dennoch sei ihm klar gewesen, dass sich daraus Möglichkeiten ergeben würden. Auch hier ging der Vorsitzende nochmals tiefer und fragte explizit, ob er sich am Ende die Möglichkeit einer neuen Identität erhofft habe, was J.D. schlicht mit „Zum Beispiel“ versuchte zu beantworten.
J.D. bejahte im Anschluss die Frage, ob über das Bestehen dieser Möglichkeit gesprochen worden sei. Ob der Verfassungsschutz oder die Polizei ihn darauf angesprochen habe, beantwortete er mit, dass dies auch schon vom Verfassungsschutz angesprochen worden sei.
Danach ging es um den zeitlichen Ablauf der Kontaktaufnahme zur Polizei. J.D. meinte, irgendwann sei die Zusammenarbeit mit dem BfV zu Ende gewesen; diesen hätten ihn da bereits den Weg zu den Ermittlungsbehörden geebnet. Er wäre dann am 01.05. aus Warschau weg und direkt zu den Ermittlungsbehörden.
Das Datum korrigierte er, als der Vorsitzende fragte, ob er also erst am 01.05. aus Polen weggegangen sei. J.D. meinte, könne auch der 30. oder 31. gewesen sein, wobei er April meinte.
Bis dato sei er also in Polen gewesen und hätte Gespräche mit dem Verfassungsschutz geführt oder sei auch da die Polizei bereits vor Ort gewesen, so die Frage des Vorsitzenden. Ermittlungsbehörden seien keine vor Ort gewesen, so J.D.. Danach sei er aus Warschau abgereist und habe sich dann mit Ermittler:innen des Verfahrens getroffen, sodass es dann diese Zusammenarbeit mit denen gegeben habe.
Vorher habe es also nur Gespräche mit dem Verfassungsschutz gegeben. J.D. bestätigte das. Ob diese auch inhaltlich gewesen sein, so der Vorsitzende fragend. Erneute Bestätigung durch J.D.. Ob der Verfassungsschutz auch andere Themen ansprach als die Ermittlungsbehörden? Hier musste J.D .nachdenken, bejahte die Frage aber schließlich. Es sei da um verschiedene Teilaspekte gegangen.
Welche dies gewesen wären, wollte der Vorsitzende in Erfahrung bringen, aber meinte zugleich, ihn interessiere eine allgemeine Szeneeinschätzungen nicht. Es sei dabei, so J.D., um den Verbleib eines Beschuldigten gegangen. Also wo dieser sei, so der Vorsitzende. J.D.: „Zum Beispiel.“
Der Vorsitzende meinte dann, da habe er auch nicht mehr beitragen können, als das, was er bei der Polizei gesagt habe. J.D. meinte, er habe seinen letzten Stand mitgeteilt.
Und danach kam wieder das Thema Zeug:innenschutz auf. Ob das angesprochen worden sei und wie es ihm dargestellt worden wäre, wollte der Vorsitzende wissen. J.D. wolle dazu nichts sagen, meinte er. Der Vorsitzende sagte, er müsse aber; J.D. fragte, ob er wirklich müsse. Der Vorsitzende meinte wieder, er müsse. Durchaus könne er Punkte, die seine Gefährdungslage betreffen auslassen, so müsse er nicht konkret auf eine Villa auf Kuba eingehen, aber abstrakt könne er es schon darlegen. J.D .schien überfordert mit dem Abstrakten und wollte eine konkrete Frage. Diese lieferte Schlüter-Staats, in dem er bereits Gefragtes im Grunde wiederholte: Was die Behörden ihm erzählt hätten, ob ihm eine neue Identität angeboten worden sei, ob es Geld gegeben habe oder ob eine neue Arbeitsstelle in Aussicht gestellt worden wäre. J.D. wolle ab dem Zeitpunkt, zu dem er Warschau verlassen habe, aus Gründen nichts weiter sagen.
Schlüter-Staats verwies abermals darauf, dass er das aber müsse. So habe sich das die Bundesanwaltschaft, die Verteidigung sowie sein Rechtsbeistand, Michael Stephan, im Vorfeld bereits angeschaut. Es gäbe ja zwei Teilaspekte: Der eine betreffe seine Gefährdungssituation, so, wo er hingebracht wird; dazu müsse er nichts sagen, dies sei auch nicht relevant. Aber ob ihm eine neue Identität angeboten worden sei, man ihm bei einer neuen Arbeit behilflich wäre oder bei der Wohnungssuche, dies müsse er mitteilen. J.D. meinte tatsächlich, er verstehe es, nur wolle er sich mit Rechtsbeistand Stephan beraten und schlage daher eine Unterbrechung vor.
Schlüter-Staats meinte nochmals, ihn interessiere nicht, wo J.D. untergebracht sei, dazu müsse er nichts sagen, aber Fragen, wie mit der Bedeutung von Zeug:innenschutz, etwaiger Arbeitsstelle, Finanziellem oder einer neuen Identität verbunden sei, dazu müsse er etwas sagen. Die Bundesanwaltschaft sehe dies auch so, meinte er und sprach diese dabei direkt an. Frau Geilhorn meinte, wenn eh darüber nachgedacht werden würde, würden sie das auch tun.
So nahm der Vorsitzende den Vorschlag einer Unterbrechung auf und meinte, dass nun alle in Ruhe nachdenken könnten und dafür die Mittagspause (11:30 Uhr Beginn) nun genutzt werden könne.
Stellungnahme der Bundesanwaltschaft
Nach dem Ende der Mittagspause (12:45 Uhr) stieg direkt Frau Geilhorn ein, um Stellung zur zuvor diskutierten Frage zu nehmen. Zu diesem Zeitpunkt waren J.D., dessen Anhang und Rechtsbeistand noch nicht im Saal, dennoch könne sie schon beginnen, meinte der Vorsitzende. Sie stimme mit dem Senat insoweit überein, dass Fragen zum Zeug:innenschutz nicht grundsätzlich unzulässig seien, dabei verwies sie auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH). Jedoch können Geheimhaltungsinteressen sowohl den Einzelfall, als auch die allgemeine Arbeitsweise des Zeug:innenschutzes betreffen. Hier stoppte sie kurz, da J.D. plus Personenschutz einmarschierten. Etwas genervt setzte sie schon während des Prozederes ihren Vortrag vor. So habe die:der Tatrichter:in im Einzelfall darüber zu befinden, ob die Beantwortung der Frage der Wahrheitsfindung dienen könne. Und dies beträfe hier die Überprüfung der Glaubwürdigkeit des J.D., dennoch müsse abgewogen werden, ob nicht Fragen aufgrund von Geheimhaltungsgründen zurückzuweisen wären.
Auch hierzu habe das BGH eine Entscheidung getroffen. So seien Fragen zurückzuweisen, wenn deren Beantwortung unbedeutend für den Schuldspruch und den Rechtsfolgenausspruch wären. Schlüter-Staats unterbrach Frau Geilhorn dabei, die insistierte, ihre Ausführung nunmehr doch bis zum Ende vortragen zu dürfen. Abermals verwies sie auf die BGH-Entscheidung, deren Deutung auf die hiesige Gemengelage nun folgte. Wenn es also um die Frage nach grundsätzlichen Vergünstigungen, wie einer neuen Identität, gehe, so Frau Geilhorn, möge diese eine gewisse Bedeutung haben, da es Teil der Aussagemotivation sein könne. Aber Einzelheiten wie bei der letzten Frage hinsichtlich der Unterstützung bei der Wohnungs- und Jobsuche, wer sich darum und wie kümmere, dies würde nicht zur Wahrheitsfindung beitragen. Daher gehe sie davon aus, dass der Geheimhaltungsvorsatz in dem Moment eine Rolle spiele, wenn über solcherlei Aktivitäten gefragt werde.
Schlüter-Staats sähe es genauso, die Verteidigung verwies hingegen darauf, dass sie anderer Auffassung ist. Nach einem kurzen Disput konnte die Verteidigung ihren Standpunkt einbringen. So hat Frau Geilhorn grundsätzlich Recht, dennoch sind die Fragen zu beantworten, die die Aussagemotivation des J.D. betreffen, so eben auch Unterstützungsangebote bei der Job- und Wohnungssuche.
Etwaige Vorteile durch den Kronzeugen-Status
Schlüter-Staats nehme aber an, dass J.D. die Fragen beantworten werde. Ihn interessiere, ob es diese Angebote gegeben habe, nicht von Interesse wäre hingegen, wo er nun eine neue Wohnungen oder einen Job erhalten habe. Daher kam er auf seine Frage des Abstrakten zurück und wollte wissen, welche Möglichkeiten dem J.D. aufgezeigt worden wären.
Es seien Möglichkeiten aufgezeigt worden, so J.D., der Vorsitzende habe diese hier bereits allgemein formuliert. Daher fragte der Vorsitzende explizit nach, ob dies auch eine neue Identität sowie die Unterstützung hinsichtlich eines Neustarts umfasst habe. J.D. wolle bei seiner allgemeineren Fassung bleiben. Es hätten Möglichkeiten – „dieser bunte Blumenstrauß“, den Schlüter-Staats aufgezeigt habe – im Raum gestanden.
Es habe also durch die Aufnahme in den Zeug:innenschutz keine finanziellen Vorteile oder Verabredungen bezüglich etwaiger Strafen bei anstehenden Verfahren gegeben, so der Vorsitzende. Nach J.D. habe es weder finanzielle noch juristische Vorteile oder Versprechungen gegeben.
Schlüter-Staats verwies dann darauf, dass der Begriff des finanziellen Vorteils ein weiter sei. Er wolle wissen, ob J.D., egal wo er nun vielleicht perspektivisch Leben werde, eine Art Starthilfe erhalten würde, um dort Fuß zu fassen. Frau Geilhorn unterbrach ihn, da sie die Frage als unzulässig erachte. Schlüter-Staats meinte, es gehe ihm um die Motivation des Zeugen, welche Vorteil er sich für sein zukünftiges Leben erhofft habe. Er nehme nämlich nicht an, dass J.D. lediglich ein neuer Pass angeboten worden sei und dieser dann damit selbst zurechtkommen müsse. Seine Vermutung sei vielmehr, dass dazu eben auch eine Starthilfe gehöre, sodass eine Wohnung bezahlt werden könne. Er wolle halt wissen, was mit dabei gewesen sei, könne jedoch nur vermuten, weshalb er nun aber diese Frage stellen müsse. J.D. meinte, er würde verstehen, was der Vorsitzende meine, aber er würde bei seiner Aussage bleiben, keinen finanziellen Vorteil im Vergleich zum vorherigen Leben erhalten zu haben.
Als der Vorsitzenden fragte, ob folglich auch keine Starthilfe, intervenierte die Oberstaatsanwältin Frau Geilhorn und sagte, sie halte die Frage für unzulässig; parallel meinte ebenso Rechtsbeistand Stephan, dass der J.D. diese Frage nicht beantworten werde.
Frau Geilhorn ging einen Schritt weiter und forderte gar einen Gerichtsbeschluss ein, wenn der Vorsitzende auf die Frage bestehe. Der Vorsitzende ließ das protokollieren. Rechtsbeistand Stephan schloss sich an und fügte hinzu, er erachte die Frage als ungeeignet. Die Verteidigung widersprach der Rüge.
Die Verteidigung sagte, wenn der J.D. von einem Blumenstrauß sprechen würde, gehören auch Hilfen bei der Wohnungssuche und Jobvermittlung dazu. Derzeit beginnt die Ergründung dieses Themas erst und am Ende soll die Gesamtinteressenlage des Kronzeugen zu erkennen sein. Weshalb sollen Fragen also unzulässig sein. Diese sind nur unzulässig, wenn die Beantwortung den Zeugen selbst gefährdet oder wenn die Arbeitsweise des Zeug:innenschutzes durch die Erörterung bedroht wird. Das ist aber keinesfalls bei der Beantwortung dieser Fragen erkennbar.
Schlüter-Staats meinte, es gehe doch bei dem Blumenstrauß um nur noch eine Blume, da J.D. die anderen Sachen bereits bestätigt habe. Die Verteidigung machte den Vorsitzenden darauf aufmerksam, dass das nicht stimmt, J.D. nur auf einen Teil des Blumenstraußes einging und die Frage nicht beantwortet ist. J.D. meinte, er habe gesagt, dass eine Auswahl des durch den Vorsitzenden genannten in Frage kommen würde, weshalb die Verteidigung nachdrücklich darauf hinwies, dass die Frage nicht beantwortet ist.
Schlüter-Staats war dadurch erzürnt und meinte, er erachte die Frage als beantwortet, wisse er doch am besten, wie er seine eigene Frage formuliert habe. Er habe J.D. gefragt, ob diesem Möglichkeiten eröffnet worden wären, was dieser bejaht habe. Ob er diese letztlich bekommen habe, sei wiederum eine andere Frage, die noch nicht gestellt worden wäre. Der Vorsitzende unterbrach die Verhandlung für einen Gerichtsbeschluss.
Nach knapp 20minütiger Pause trug der Vorsitzende den Beschluss des Senats vor. Die Beanstandung der Frage werde zurückgewiesen. So sei es zum Verständnis der Aussagemotivation des J.D. von Bedeutung, ob ihm Unterstützungsmöglichkeiten – wie Hilfe bei der Wohnungsfindung oder finanzielle Hilfen – in Aussicht gestellt worden wären. J.D. sagte, dann erhalte der Vorsitzende seine Antwort: Er habe keine Starthilfe erhalten. Es würde keine solch eine Hilfe bestehen. Der Vorsitzende hakte nach, ob auch nichts in Aussicht gestellt worden wäre, was J.D. umgehend verneinte; es sei nichts in Aussicht gestellt oder ausgezahlt worden.
Es folgte eine Verständnisfrage des Vorsitzenden; er wollte wissen, ob J.D. im ZSP sei oder nicht. Augenscheinlich geschützt werde er ja. J.D. meinte, er sei formal im Zeug:innenschutz.
Ob es Voraussetzungen für die Aufnahme ins ZSP gegeben habe und von wem hätten diese dann gestammt, dem Verfassungsschutz oder den Ermittlungsbehörden, so die nächste Frage von Schlüter-Staats. Es habe ein Gespräch mit der Dienststelle, die ihn betraue, gegeben, so J.D.. Diese habe ihn auch die Bedingungen für die Aufnahme genannt.
Auf Nachfrage des Vorsitzende, welche da genannt worden seien, J.D. zählte anschließend die Bedingungen auf, dass er
- eine Aussage vor Gericht tätige;
- keine weiteren Straftaten begehe;
- wahrheitsgemäß aussagen.
Dies seien die Grundregeln. Dies betreffe sowohl die Aussagen vor Gericht, wie auch bei der Polizei, antwortete J.D. auf die entsprechende Frage des Vorsitzenden. Der Vorsitzende wollte weiterhin wissen, ob das das ganze Verfahren betreffe, was J.D. kurz bejahte. Und welchen Umfang diese habe, so Schlüter-Staats. Darauf meinte J.D., er müsse umfassend Aussagen. Diese Aussage löst mehrere Nachfragen aus.
Die umfassenden Aussagen des J.D.
J.D. würde ja häufiger auf Fragen nicht antworten, ob ihm das freigestellt sei, wollte der Vorsitzende wissen. Ihm sei das freigestellt, er habe ja auch einen juristischen Beistand, so J.D..
Der Vorsitzende meinte, er habe das J.D. gefragt, da sich dieser in einer Situation befände, in der er sich fast immer auf den §55 StPO hätte berufen können. Im Weiteren vermute er, dass es eine Konfliktsituation gegeben hätte, wenn J.D. gesagt hätte, er sage gar nichts. Dies bestätigte J.D. nur kurz. Weshalb der Vorsitzende nachhaken musste, wie der Umfang nun ausgesehen habe. J.D. schien nicht zu verstehen und versuchte sich mit dem Verweis auf bereits Gesagtes heraus zu winden. Doch der Vorsitzende blieb dabei und wollte wissen, wie es zusammenpasse, dass J.D. nicht umfassend aussage und er sich mehrfach auf den §55 berufen habe. J.D. bestätigte, dass er es nicht verstehe. Daraufhin meinte der Vorsitzende, er habe den Eindruck, der Rechtsbeistand von J.D. habe es verstanden. J.D. wiederholte nochmals, er verstehe es nicht, bevor er sich dann doch mal mit dem Rechtsbeistand Stephan besprach.
Nunmehr gab sich J.D. verstehend und meinte, es sei in Ordnung, wenn er sich im Rahmen des ZSP sowie seiner Aussage auf §55 berufe.
Schlüter-Staats nahm die Antwort auf und fragte anknüpfend daran, ob dies bedeute, dass es eigentlich auch ausreichend wäre, wenn er vor Gericht formal zugegen gewesen wäre, aber keine Aussage tätigen würde. J.D. musste an dieser Stelle eingestehen, dass dies nicht gereicht hätte. Der Vorsitzende wolle das Thema erst einmal zurückstellen, während J.D. und sein Rechtsbeistand sich kurz austauschten, letztlich aber nichts zusätzliches beizutragen hatten.
Ein Beisitzer stieg in die Befragung ein. Er habe J.D. zwar akustisch verstanden, nicht aber inhaltlich. So sei bei ihm angekommen, dass die Voraussetzung fürs ZSP eine umfassende Aussage sei. J.D. bestätigte dies. Im Weiteren führte der Beisitzer aus, dass eine Diskrepanz zwischen der Forderung einer umfassenden Aussage bei gleichzeitigem Rückgriff auf den §55 bestünde. Fraglich sei daher, was J.D. als umfassend mitgeteilt wurde, was es bedeute. Es habe über seinen Tatbeitrag in Eisenach hinaus berichten sollen, so J.D..
Der Besitzer führte aus, dass J.D. zum Tatkomplex Eisenach II ((siehe Zwischenbericht, Abschnitt Tatkomplexe Eisenach II – (Leon Ringl)) umfassend, zu weiteren so genannten Ausfahrten nichts bzw. lediglich zu drei ausgesagt habe. Wenn der Begriff „umfassend“ wörtlich genommen werden würde, hätte er über alle Ausfahrten Aussagen tätigen müssen. Jedoch sei dies anscheinend nicht der Fall, er habe den §55 benutzt. Daher wollte der Beisitzer wissen, was umfassend nun bedeute, ob es sich auf konkretisierte Tatvorwürfe oder Zeiträume beziehe. Zudem wollte er erfahren, wann J.D. im Einzelfall feststelle, ob die Nutzung des §55 mit der Voraussetzung des umfassenden übereinstimme. J.D. antwortete, er könne nicht wirklich sagen, wann es okay wäre den §55 zu nutzen; er nutze ihn halt.
Der Beisitzer meinte daraufhin, ihm ginge es nicht darum, weshalb J.D. den §55 genutzt habe, sondern er wolle wissen, was ihm hinsichtlich der Aufnahme ins ZSP mitgeteilt worden sei. Daraufhin meinte Rechtsbeistand Stephan, J.D. habe schon bei den polizeilichen Vernehmungen, bei denen er nicht anwaltlich vertreten worden sei, den §55 benutzt. J.D. meinte, er müsse sich zu verhandelten Tatkomplexen äußern, jedoch zu nichts, wo er sich selber belaste bzw. zu Straftaten, zu denen es keinen Vorwurf gäbe.
Er müsse also keine neuen Straftaten, an denen er selbst beteiligt war, aufdecken, so die Frage von Schlüter-Staats. J.D. bestätigte das.
Der Beisitzer setzte seine Befragung fort. Er fragte, ob J.D. die Punkte der Anklageschrift dieses Verfahrens habe abdecken müssen und zu anderen habe er sich hingegen nicht äußern müssen. J.D. bestätigte dies und meinte, so sei es vorstellbar. Ob er die Anklageschrift gekannt habe, so der Vorsitzende. J.D. antworte nicht gänzlich eindeutig. So meinte er, ihm seien die Themenbereiche mitgeteilt worden, um die es gehe.
Der Vorsitzende fragte nun wieder zum ZSP. Beim Verfassungsschutz sei dies als konkrete Möglichkeit angesprochen worden. Wurde seitens des Verfassungsschutzes oder seitens der Polizei angesprochen, welche Voraussetzungen und welche Möglichkeiten es gäbe. J.D. meinte BfV habe es grob angerissen, detailliert vertieft hätten es schließlich die zuständigen Polizeibeamt:innen. Der Vorsitzende fragte diesbezüglich nach, ob die Frage, welche Unterstützung er bekäme, was er dafür machen müsse, erst konkret bei der Polizei besprochen worden sei. J.D. meinte, es habe eine Übersicht beim BfV über etwaige Optionen gegeben, wobei auch die Möglichkeit des ZSP aufgekommen sei; zur kompletten inhaltlichen Ausgestaltung sei es jedoch erst bei der Polizei gekommen.
Schlüter-Staats kam zur Nutzung des §55 zurück. Es sei für J.D. wichtig, hier wissend zu agieren, um dann nicht doch aus dem ZSP herauszufallen. Daher wollte der Vorsitzende wissen, ob das bei der Polizei oder bereits zuvor Thema gewesen sei. J.D. meinte, es sei bereits vorher Teil der Gespräche gewesen.
Ob diese thematische Beschränkung auch für Gespräche mit dem Verfassungsschutz galten, fragte Schlüter-Staats weiter. Das verneinte J.D.
J.D. habe gemeint, für Verfassungsschutz sei der Aufenthaltsort eines Beschuldigten ein Thema gewesen. Der Vorsitzende fragte daraufhin, ob auch Themen, die zur Aufklärung von Straftaten beitragen können, Thema gewesen wären. J.D. bejahte. Der Vorsitzende wollte diesbezüglich weiter wissen, ob er Punkte beim Verfassungsschutz mitgeteilt habe, die er dann bei der Polizei nicht mehr mitgeteilt habe. J.D. wiederholte die Frage lediglich umformuliert, um herauszubekommen, ob er sie tatsächlich mal verstanden hat. Schlüter-Staats fragte daraufhin, ob er bei der Polizei andere Dinge erzählt habe als beim Verfassungsschutz. Dies verneinte J.D.. Er bejahte die Frage, ob er bei Punkten, wo er bei der Polizei nichts habe sagen wollen, ob er da auch beim Verfassungsschutz nichts gesagt habe.
Und dies sei so akzeptiert worden, fragte der Vorsitzende; das bestätigte J.D. Danach stieg der Beisitzer wieder in die Befragung ein. Zuvor berieten sich J.D. und dessen Rechtsbeistand kurzzeitig.
Der Beisitzer umriss dann kurz, was J.D. zuvor sagte. So habe J.D. gemeint, es gäbe einen inhaltlichen Umfang, in welchem er umfassend Aussagen gegenüber dem Gericht sowie der Polizei tätigen müsse. Der Besitzer fragte, ob es auch einen zeitlich abgesteckten Rahmen gäbe. Er meinte, hier fände ja die Hauptverhandlung statt, bei der jedoch nicht alle angeklagt seien, J.D. ja auch nicht. Beziehe sich die Aufnahme ins ZSP entsprechend auch auf anstehende Verfahren gegen momentan Beschuldigte, so der Beisitzer weiter. J.D. bejahte das.
Die Finanzen des J.D.
Der Vorsitzende fasste nochmals zusammen, wie er es verstanden haben will: Wichtig für das ZSP sei eine wahrheitsgemäße Aussage. Das ZSP wurde ihm angeboten und es beinhalte die Unterstützung bei der Arbeits- und Wohnungssuche, er erhalte jedoch keine finanziellen Zuwendungen über den gesetzlich geregelten Rahmen hinaus. Der Vorsitzende fragte, ob J.D. Sozialleistungen bzw. Hilfe für Arbeitssuchende erhalte, wenn er irgendwann nicht mehr Teil des ZSP sein wird und er keine Arbeit habe; womit er folglich keine direkte finanzielle Unterstützung durch das ZSP bekäme. J.D. fragte zurück, ob er die Frage richtig verstehe, dass er gefragt werde, wovon er sich finanziere.
Der Vorsitzende verneinte dies; er wolle wissen, ob er es richtig verstanden habe, ob ihm das zuvor genannte offeriert wurde, es ginge nicht darum, wie es jetzt sei. J.D. meinte, er habe eingangs mitgeteilt, dass es keine Starthilfe gäbe; alle weiteren durch den Vorsitzenden aufgeführten Punkte seien eine Möglichkeit, aber es habe keine Versprechen oder Garantien für ihn gegeben.
Der Vorsitzende wiederholte seine Frage das Finanzielle betreffend. Er habe es so verstanden, dass J.D. keine finanzielle Starthilfe erhalten würde, weshalb er annehme, dass J.D. Sozialleistung beziehen müsse, wenn er perspektivisch keine Arbeit habe. J.D. meinte, er wolle seine Aussage zum Finanziellen richtig stellen. Die Zuwendungen an ihn seien seinem Lebensstandard in Warschau angepasst. Der Vorsitzende wollte wissen, ob J.D. solange eine Aufstockung über Hartz IV hinaus erhalte, solange es nichts analoges zu seinem Lebensstandard in Warschau gäbe. J.D. antwortete, er bekomme, was er dort als Erzieher verdient habe, dies seien 1500,-€ netto. Dies sei sein finanzielles Budget, was er habe.
Schlüter-Staats blieb bei diesem Punkt: J.D. habe keine Zeit für Arbeit und wohl auch nicht für die Suche, sodass er vom Staat Geld erhalte. Auf die Punkte der Arbeitssuche und Unterstützung wolle J.D. jedoch nicht eingehen bzw. diese offen lasse. Der Vorsitzende meinte, er stelle sich vor, dass J.D. gerade keine Arbeit finden könne, da er für die Polizei dauerhaft zur Verfügung stünde. Er bekäme also letztlich das, was ihm vom Staat zugeteilt werden würde. J.D. meinte „zum Beispiel“.
Weitere Strafverfahren des J.D.
Anschließend kam der Vorsitzende auf das Strafverfahren gegen J.D. zu sprechen. Ob darüber schon gesprochen worden sei, wie dies ablaufen solle, wollte er wissen. J.D. verneinte und meinte, da gäbe es noch keine Perspektive auf vorherige oder aktuelle. Der Vorsitzende fragte genauer nach und wollte wissen, ob es sei hinsichtlich Gera nicht darüber gesprochen worden sei, ob gegen ihn alleine oder in Verbindung mit den anderen Beschuldigten ein Verfahren angestrengt werden würde. J.D. antwortete, es gäbe keine Absprachen über dieses Verfahren hier hinaus. Der Vorsitzende fragte zudem, was hinsichtlich des Verfahrens in Berlin wegen der Vergewaltigung, welches eingestellt worden sei wäre. Auch hier habe es, so J.D., keine Absprachen gegeben. Der Vorsitzende fragte daraufhin, ob dies schon eingestellt gewesen sei, als er angesprochen worden wäre. J.D. meinte, es sei schon eingestellt gewesen, jedoch müsste er das Datum nochmals überprüfen.
Er solle es bitte nochmals überprüfen, so der Vorsitzende. Zudem habe er es so verstanden, dass ihn da Rechtsanwalt Kienzle vertreten habe. Dies bestätigte J.D.. Der Vorsitzende verwies nochmals darauf, ob er das Einstellungsdatum überprüfen könne, woraufhin der Rechtsbeistand von J.D. meinte, die Einstellungsverfügung sei auf den 04.03.2022 datiert.
Der Vorsitzende fragte dann, ob die Verfügung schon da gewesen sei, als der Verfassungsschutz auf ihn zu kam oder erst danach. J.D. könne sich daran erinnern, es habe jedoch keine Absprachen diesbezüglich mit dem BfV gegeben.
Der Vorsitzende fragte danach, ob der Verfassungsschutz von dem Verfahren gewusst habe. J.D. meinte, es habe im Internet gestanden, zudem würden sie seine Strafakte kennen. Sie hätten auch Dokumente dabei gehabt, die dies zusammengefasst hätten.
Die Verteidigung fragte an dem Punkt kurz nach, was er gesagt hat. J.D. wiederholte, der Verfassungsschutz habe Dokumente dabei gehabt, die seine Vita zusammengefasst habe. Der Vorsitzende fragte, wie eine Art Lebenslauf. J.D. meinte, „Zum Beispiel“.
Kontrollen des J.D. durch Ermittelnde
Der Beisitzer stieg wieder in die Befragung ein und hatte eine Frage zur Voraussetzung der wahrheitsgemäßen Aussage im Kontext des ZSP. So fragte er, ob es zwischendurch Rücksprachen mit den Ermittler:innen hinsichtlich seiner Verwendung des §55 gäbe, also ob dies den Anforderungen entspräche. J.D. fragte zurück, ob damit eine Kontrollinstanz gemeint sei. Der Beisitzer meinte Kontrolle oder immerhin eine Art Rückmeldung, sodass ihm eventuell mitgeteilt werde, dieses oder jenes müsse er noch sagen, wenn es bei seinen Ausführungen vor Gericht noch fehlen. J.D. meinte, es würde überprüft und darauf geschaut werden, was Inhalte seien und inwieweit diese passen würden.
Er bekäme da also eine Rückmeldung, fragte der Beisitzer. Hier verwies J.D. darauf, dass er im Zeug:innenschutzprogramm sei und er nicht antworten wolle, da er bestimmte Sachen unterschrieben habe, über die er nicht sprechen dürfe.
Dem Beisitzer gehe es letztlich darum, ob davon auszugehen sei, dass er hier die Aussage verweigert und dann werde ihm in einem Jahr mitgeteilt, dass er nun doch dazu aussagen müsse. Oder sei es eher so, dass ihm bereits nach mehreren Tagen mitgeteilt werden würde, wenn sein Aussageverhalten den Vorstellungen der Ermittlungsbehörden nicht entspreche. J.D meinte, ihm sei bewusst, dass dem Beisitzer die Antwort nicht gefallen werde; er könne zwar bestätigen, dass eine Rückkoppelung seines Aussageverhaltens bestehe, jedoch könne er nicht mitteilen, wie dies ablaufe. Der Beisitzer meint daraufhin, er wolle nicht wissen, wie diese ablaufen würde, ihn interessiere, ob eine Rückkoppelungsfunktion existiere. Dies bestätigte J.D..
Der Beisitzer fragte erneut, ob er ein Jahr im Unklaren gelassen werde, ob seine Aussage fürs ZSP passend sei oder nicht. J.D. meinte, es sei nicht so zeitverzögert.
Schlüter-Staats fragte, ob ihm mitgeteilt werden würde, wenn er beispielsweise sich bei so genannten Ausfahrten auf den §55 berufe. J.D. antwortete, er würde Rückmeldung erhalten, wenn seine Aussageverhalten nicht passen würde. Der Vorsitzende fragte weiter, ob sich das auch auf weitere Inhalte beziehen würde. J.D. bejahte dies; es würde sich auf alle Teilaspekte beziehen, also Wurzen und so weiter.
Der Beisitzer fragte nun weiter. Er äußerte, erstelle sich vor, dass die Verantwortlichen in der Behörde eine Vorstellung vom Umfang der Aussage des J.D. gehabt haben müssten, wenn sie die Möglichkeit des ZSP anböten. Die Frage daraufhin war, ob ihm im Rahmen der Gespräche mitgeteilt worden wäre, wie der Umfang der Aussagen bestimmt werde. J.D. antwortete, dass ihm keine Rechtssicherheit gegeben worden wäre. Es fände lediglich eine Zusammenarbeit statt, welche sich positiv oder negativ entwickeln könne. Und je nach dem, würden verschiedene Mechanismen greifen, wodurch unterschiedliche Ergebnisse herauskommen könnten.
Der Beisitzer verwies auf die gestrige Befragung, bei welcher er wissen wollte, ob J.D. bei Angriffen auf bspw. Böhm oder andere beteiligt gewesen sei oder dazu etwas aussagen könne, was er jeweils verneint habe. Daher sei dem Beisitzer die Frage aufgekommen, ob ein Abtasten stattgefunden hab, um herauszufinden, was J.D. sagen könne und was nicht. J.D. meinte, es habe ein Abtasten gegeben. Es sei dann übergegangen in die Aussagen und dann müsse geschaut werden, ob dies passe oder nicht. Es könne jederzeit passieren, dass das nicht mehr funktioniere; dies sei der Preis welchen er dafür zahlen müsse.
Der Beisitzer fragte nach, was passieren würde, wenn er sich mittendrin entscheiden würde, nichts mehr zu sagen. J.D. meinte, dies sei sein juristisches Recht dies so zu handhaben.
Der Beisitzer meinte, er würde also faktisch vor die Tür gesetzt werden. J.D. meinte, er wolle es so stehen lassen, dass dann keine Zusammenarbeit mehr stattfände. Daraufhin fragte der Beisitzer zur Zusammenarbeit nach und erhielt als Antwort, diese sei rein freiwillig.
Schlüter-Staats meinte daraufhin, J.D. werde wohl nicht vor die Tür gesetzt werden, woraufhin der Beisitzer entgegnete, dies erfrage er ja augenblicklich. Schlüter-Staats setzte seine Äußerungen fort und meinte, J.D. würde da nicht einfach so entlassen werden, dennoch würde der Staat den Schutz des J.D. nicht mehr sichern, wenn dieser nicht mehr Teil des ZSP wäre. J.D. sagte dann, dass er dazu nichts sagen könne bzw. wolle.
Die Verteidigung fragte, ob er es wisse, aber nur nichts sagen wolle. Das bestätigte J.D..
Danach endete die Befragung des J.D. durch den Senat und es entspann sich ein kurzer Austausch über die Notwendigkeit einer Pause, die letztlich nicht als notwendig erachtet wurde, wodurch die Bundesanwaltschaft die Befragung fortsetzen konnte.
Befragung durch die Bundesanwaltschaft
Oberstaatsanwältin am Bundesgerichtshof, Alexandra Geilhorn, erklärte zu Beginn ihrer Befragung, dass sie chronologisch vorgehen würde. Beginnend mit der Befragung heute, gestern und dann allgemein.
Zuerst bezog sie sich auf eine Frage des Beisitzers, inwieweit Kritik von außen an der Art und Weise des Handelns des Personenkreises geübt worden sei, in Bezug auf die Intensität und das Level der Gewalt. Sie wollte wissen, ob intern damit umgegangen worden sei, ob sie sich zusammen Gedanken gemacht hätten, wer über die Kritik berichtet habe und wie „J.D. und die Gruppe“ diese behandelt hätten. J.D. antwortete, dass sich dazu ausgetauscht worden sein soll.
G7-Sponti und Wohnverhältnisse
Anschließend nannte die Staatsanwältin den Namen eines Beschuldigten und fragte, ob J.D. der Name etwas sage, was dieser verneinte. Als sie auch den Vornamen nannte, sagte J.D., dass er den Namen mal gehört habe.
Dann fragte sie zur, am Vortag besprochenen, Spontandemo zum G7-Gipfel in Elmau, ob sie es richtig verstanden habe, dass er dort gewesen sei, jedoch aus privaten Gründen nicht habe teilnehmen können, was dieser bestätigte. Danach sei von Gebäuden an der Aufzugstrecke gesprochen worden, welche angegriffen werden sollten und sie wollte wissen, ob dies passiert oder nur geplant gewesen sei. J.D. äußerte sich ausschweifend, wobei letztlich herauskam, er wisse nur, dass die Spontandemonstration nicht weit gekommen sei.
Anschließend fragte Frau Geilhorn erneut nach der Wohnung eines Angeklagten sowie eines Beschuldigten (siehe u.a. 25. Prozesstag).
Taten aus der Anklageschrift – Cedric Scholz
Danach ging die Staatsanwältin auf weitere Taten aus der Anklageschrift ein, zu denen J.D. angegeben habe, dass er nichts weiter zu dem Angriff auf Böhm und Scholz sagen könne. In der polizeilichen Vernehmung habe er zu Scholz jedoch mehr gesagt. J.D. meinte sich zu erinnern und behauptete, dass er bei der Polizei gesagt habe, dass, als er die Akten von seinem Rechtsanwalt bekommen habe, ein Beschuldiger ihn gebeten habe, nach Cedric Scholz zu schauen und ihm die Inhalte zu schicken.
Dann gab Geilhorn das Stichwort Zeitungsartikel, wobei Domhöver einfiel, dass zwei Beschuldigte ihm mal den gleichen Zeitungsartikel geschickt haben sollen. In diesem sei es wohl um den Angriff auf Scholz gegangen. Erhalten habe er diesen via Jabber. Frau Geilhorn wollte daraufhin wissen, was das für ein Artikel gewesen sei. Domhöver spezifizierte, in dem Artikel sei es um einen Angriff von Unbekannten gegangen und der Tathergang sei geschildert worden, er sei mit der Kommentierung „hier guck mal“ geschickt worden. Geilhorn fragte nach Domhövers Schlussfolgerung aus der Kommentierung, was jedoch die Verteidigung beanstandete. Die Staatsanwältin erwiderte, dass beziehe sich auf den Artikel und den dazugehörigen Chat, der Vorsitzende protokollierte die Beanstandung und wies sie zurück. Dazu merkte die Verteidigung an, dass J.D. Akteneinsicht gehabt habe, es sich darum nicht um originäres Wissen handelt. Ebenso wies die Verteidigung darauf hin, dass Schlussfolgerungen keine Tatsachen sind.
Als Antwort auf die Frage, welche Schlussfolgerung er aus der Chatkommunikation gezogen habe, gab J.D. an, dass der Artikel kein typischer Artikel aus einer Zeitung gewesen sei. Weder die Homepage noch die Zeitung seien alltäglich und er habe den Eindruck gehabt, dass sie darauf aufmerksam machen wollten. Es sei klar gewesen, das er damit etwas zu tun gehabt habe. Er könne sich aber an den Chat nicht mehr erinnern.
Anschließend hielt Geilhorn J.D. einen Teil der polizeiliche Vernehmung vor, in dem es um die Chatkommunikation zwischen ihm und den zwei Beschuldigten ging. Diesen Vorhalt beanstandete die Verteidigung erneut, da der Vorhalt eine Schlussfolgerung beinhaltete. Der Vorsitzende warf der Verteidigung vor, es nicht verstanden zu haben, dass Schlussfolgerungen aus der Vergangenheit innere Tatsachen und Erfahrungswissen seien.
Die Staatsanwältin wollte den Vorhalt weiter verlesen, in dem es darum ging, dass sich die beiden anderen über den Artikel lustig gemacht hätten. J.D. gab an, dass er zu seiner Aussage bei der Polizei stünde, er könne das nicht weiter präzisieren, er habe das damals so gesagt und es sei sein Gefühl von damals.
Brian Engelmann
Im Anschluss kam Geilhorn auf die angebliche Vorbereitung des Angriffs auf Brian Engelmann zu sprechen. Dort habe J.D. angegeben, dass er keine Details wisse, nur eine Konversationen mit einem Beschuldigten gehabt habe. Nun wolle sie wissen, wo und wie dieses Gespräch um diese Person mit Kampfsportexpertise geführt worden sei.
J.D. gab an, dass sie bei Jabber geschrieben hätten und dabei über Kampfsport gesprochen hätten und von dort weiter gekommen seien über den Punkt, dass es da jemanden gäbe mit Kampfsportexpertise und dies kein einfacher Gegner sei. Geilhorn fragte, ob es so klang, als ob daraus etwas werden solle, was die Verteidigung erneut als Animation zur Schlussfolgerung kritisierte. Daher stellte die Staatsanwältin ihre Frage neu, ob etwas daraufhin gedeutet habe, dass daraus ein Projekt habe werden sollen. J.D. sagte, dass es klar gewesen sei, dass es nicht um eine Wettkampfauseinandersetzung gegangen sei, sie hätten nie über Wettkampfsport gesprochen. Es sei kein hypothetisches Gespräch gewesen, es hätte etwas daraus werden können.
Die Staatsanwaltschaft wollte wissen, ob es damals die Wahrnehmung gegeben habe, dass es um ein potentielles Tatopfer gehe. J.D. antwortete, dass ein Gespräch über Wettkampfvorbereitung anders sei, als eines über einen Überfall und Zusammenschlagen.
Kreis 1,2,3,4… und Projektleitung
Im Anschluss fragte die Staatsanwältin in Bezug auf das Kreismodell, beziehungsweise auf die Kreise 1 und 2, ob aus dem wesentlichen Kriterium zu Kreis 1, dem Umstand, dass von den genannten Personen – konkrete: eine beschuldigte und eine angeklagte Person – die Anfragen gekommen seien, die Wahrnehmung resultiere, wenn es um die Anfragen ging, sie auch die Planer:innen gewesen seien.
Die Verteidigung warf ein, dass diese Frage schon beantwortet sei: Manchmal ja oder nein. Der Vorsitzende konnte sich an diese Frage nicht erinnern und sagte, der Schwerpunkt habe immer darauf gelegen, dass die zwei Personen immer angefragt hätten und nun wird gefragt, ob sie auch vor Ort gesteuert hätten. Konkret wollte Frau Geilhorn wissen, ob Personen, die Anfragen gestellt hätten, zugleich die Projektleitung innegehabt hätten.
J.D. bezog sich auf den konkreten Fall Eisenach und gab an, dass ein Beschuldigter ihm Infos per Computer habe zeigen soll und er gehe davon aus, dass dieser nicht nur dazwischen geschaltet gewesen sei.
Geilhorn gab zur Bedenken, dass dies ja nur ein Beispiel gewesen sei und ob er das verallgemeinern könne. J.D. wollte dies nicht verallgemeinern, da es ja keine Hierarchien gegeben habe. Es sei nicht per se so gewesen, dass die zwei Personen auch die Planer:innen gewesen seien.
Allgemeine Fragen – Eisenach und 215er Liste – Kriterien für Auswahl der Angegriffenen
Nun ging die Staatsanwältin zu den allgemeinen Fragen über. Bei der ersten sowie der Antwort des J.D. ging es um die Rolle eines Beschuldigten im Zusammenhang mit Eisenach.
Im Weiteren ging es Geilhorn um das Nachtreffen bei Weimar (siehe 61. Prozesstag), wobei sie wissen wollte, ob ein Angeklagter dabei gewesen sei. J.D. überlegte, wobei die Staatsanwältin ihm auf die Sprünge half, in dem sie darauf hinwies, dass er damals von einem Treffen der angeblich tatbeteiligten Personen gesprochen habe, jedoch fehlte in dieser Aufzählung der Angeklagte. J.D. erzählte nochmals, wie er zu diesem Treffen anreist sei und wen er wann wo getroffen haben will. Er könne sich nicht an den Angeklagten erinnern. Er dachte zunächst, dieser sei damals nicht beschuldigt gewesen, dann fiel ihm jedoch ein, dass dieser sogar festgenommen wurde. Es seien nicht nur Festgenommene dort gewesen, sondern auch drei andere Personen. Geilhorn wollte nun wissen, woher die Einladung gekommen sei. J.D. antwortete, dass nach der Festnahme klar gewesen sei, dass Repression folgen würde und dass es eine Besprechung zum Umgang damit geben müsse.Geilhorn wollte daraufhin mehr zu der Absprache wissen. J.D. gab an, es sei ein konspiratives Nachtreffen gewesen. Es sei darum gegangen, eine Richtung zu weisen. Sie seien mit den verschiedenen Standpunkten der verschiedenen Leuten nicht vertraut gewesen und hätten sich nicht gleichermaßen gekannt.
Im Anschluss fragte die Staatsanwältin, wenn Neonazis nachhaltig geschädigt werden sollten, wie ausgewählt worden sei, wer das Opfer sein würde. J.D. bezog sich auf das Beispiel von Leon Ringl und seinem Umfeld und gab an, sie hätten eine Position in der rechten Szene gehabt, ein Szene-Standing. Dasselbe sei bei dem Erzieher in Berlin der Fall gewesen, welcher Gitarrist einer bekannten Rechts-Rock-Band gewesen sein soll.
Bei so genannten Ausfahrten und politischen Veranstaltungen sei es um das rechte Lager gegangen. Geilhorn wies daraufhin, dass er bei den polizeilichen Vernehmungen eine dritte Sache benannt habe. J.D. gab an, das zufällige Begegnungen von Leuten auch verwertet worden seien.
Die Staatsanwältin gab an, dass sie dies eigentlich nicht gemeint habe und gab das Stichwort „Liste“. J.D. sagte, so eine Liste sei im Gespräch gewesen und es habe ein Abarbeitungsbedürfnis gegeben. Geilhorn wollte die Kriterien wissen, wo das hergekommen sei, wer das entwickelt habe und wie der Personenkreis das übernommen habe. J.D. antwortete, es sei um eine Symbolwirkung gegangen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Geilhorn fragte, ob darüber gesprochen worden sei, weshalb eine Person geeignet sei und J.D. kam wieder auf das Beispiel Eisenach und Leon Ringl zurück. Dieser und sein Kreis „Knockout 51“ seien verantwortlich für Übergriffe auf Linke in Eisenach. Ebenso spielte die „Atomwaffendivision“ eine Rolle.
Geilhorn fragte, ob in den Anfragen auch der Grund, warum die Person thematisiert werde, genannt worden sei. Erneut antwortete J.D. mit der politischen Symbolwirkung.
Geilhorn fragte, ob dann Projekte gemeinsam entwickelt worden seien oder ob diese bereits bei den Anfragen festgestanden hätten. J.D. gab an, dass er bei Eisenach eine Zusammenfassung von einem Beschuldigten bekommen habe, deswegen habe er zugesagt, da er es für politisch sinnvoll gehalten habe.
Der Vorsitzende wollte wissen, ob J.D. in Diskussionen eingebunden gewesen sei oder vorher davon mitbekommen habe. J.D. antwortete, dass er von einem Beschuldigten von der 215er Liste gefragt worden sei, ob er sich den anschauen könne. Auch habe es Gespräche darüber gegeben, wie man das machen könne.
Der Vorsitzende wollte wissen, ob in Bezug auf die 215er Liste darüber gesprochen worden sei, wer von denen in Betracht komme und ob er davon etwas mitbekommen hätte. J.D. sagte, das sei immer unterschiedlich. Der Vorsitzende sagte, dass Cedric Scholz auch auf der 215er Liste gestanden habe und das ja nicht besprochen worden sei. J.D. erwiderte, dass er da ja auch nicht dabei gewesen sei und sich nicht erinnern könne. Geilhorn fragte, ob die 215er Liste abgearbeitet werden sollte. Woraufhin J.D. erklärte, dies sei eine Vergeltung für den Angriff auf Connewitz gewesen, eine Racheaktion mit konsequenten Hausbesuchen und Sachbeschädigungen, es habe ein Signal sein sollen, dass dies nicht ungesühnt bleibe. Der Vorsitzende wunderte sich, dass nur zwei angegriffene Personen von der Liste einen Anteil von 1% ausmachen würden, ob es nicht noch mehr gegeben habe. J.D. wisse das nicht, es sei Thema in Gesprächsform gewesen.
Großes Training II (#Leipzig)
Die Staatsanwältin wollte im Anschluss wissen, warum das Großtraining (siehe Zwischenüberschrift „Großes Training II (#Leipzig)“ im Bericht des 62. Prozesstag) damals auf dem Gelände eines Fußballvereins stattgefunden habe. Laut J.D. hätten sich das einige gefragt. Die Gegebenheiten in der Halle seien sehr gut gewesen. Warum das aber angeblich synchron zu einem Fußballspiel stattgefunden habe, hätten sich auch andere gefragt. Dann wollte Geilhorn wissen, ob Angeklagte oder andere Personen Beziehungen zu dem Fußballverein gehabt hätten. J.D. gab an, dass zwei Personen die Begrüßung gemacht hätten und dass sich während des Trainings eine Person aus dem Verein mit einem Beschuldigten getroffen habe. Als die Teilnehmenden die Toilette des Vereins genutzt hätten, sollen Szenekundige Beamte (SKB) sie gesehen haben und verwundert gewesen sein. Eine Vertrauensperson habe auf die SKBs eingewirkt und ihnen gesagt, es seien nur Leute, die sich zum Hallenfußball treffen würden und danach schien die Sache beruhigt zu sein.
Die Staatsanwältin wollte wissen, ob die Verwunderung durch die Person übermittelt worden sei, was J.D. bejahte. Er habe die SKBs selbst gesehen und die Leute hätten das lustig gefunden und es sei egal gewesen. Leute, die schon Bedenken gehabt hätten, seien wegen der Situation im Stadion eh schon früher abgereist, allen anderen habe er nichts angemerkt.
Training im Hausprojekt und Soliparty
Hiernach kam die Staatsanwältin zurück auf das Training im Hausprojekt (siehe Zwischenüberschrift „Training im Hausprojekt (#Leipzig)“ im Bericht des 62. Prozesstag) und wollte wissen, wie lang eine Trainingseinheit gewesen sei. J.D. begann mit einer Stunde, dann sagte er 90 Minuten und am Schluss gab er an, es habe maximal zwei Stunden gedauert, die Nachbesprechungen hätten nicht ewig lang gedauert.
Daran anknüpfend ging es Frau Geilhorn um die Teilnahme eines Angeklagten an den Trainings. Zusammenfassend ließ sich festhalten, dass J.D. diesen nie bei den Trainings gesehen habe und nur gehört habe, dass diese vor Ort gewesen sei, weshalb er vermute, dass er dann auch am Training teilgenommen habe.
Kritik an dem Personenkreis
Im Anschluss ging es der BAW um Kritik am Handeln der Personen. Sie wollten wissen, ob J.D. etwas zu einem Brief (siehe dazu u.a. die Prozesstage 21 und 25) sagen könne, welcher als Ermittlungsergebnis in den Akten sei. J.D. gab an, dass er davon nach der Hausdurchsuchung erfahren habe und sie hätten das sehr diskutiert, da es ein starkes Indiz sein könne. Dort seien Ausfahrten angesprochen worden und dass der Personenkonstellation zur Selbstdarstellung jeglicher politischer Anspruch fehle. Der Vorsitzende fragte, ob das diskutiert wurde und J.D. sagte, dass es kein erfreulicher Fund gewesen sei.
Der Vorsitzende fragte, ob J.D. den Brief bekommen habe oder ihm nur davon berichtet worden sei, worauf dieser meinte, er habe den Brief erst nicht gesehen, später habe er ihn möglicherweise gelesen.
Finanzierung
Frau Geilhorn fuhr mit ihrer Befragung fort und ging auf die Finanzierung ein. Sie wollte wissen, ob Geld generiert wurde und wenn ja, woher. J.D. begann erneut mit einem Beispiel und sagte, dass in Eisenach die Benzinkosten aufgeteilt worden seien. Bei anderen Sachen habe er das auch so in Erinnerung, dass die Kosten aufgeteilt worden seien. Im Weiteren gab J.D. weitere Beispiele an, wie angeblich an Gelder gekommen worden sein soll.
Befragung Nebenklage
Der Nebenklageanwalt Hohnstädter begann seine Befragung mit den Tatwerkzeugen in Eisenach. Er wollte wissen, ob über die Hämmer und deren Gewichte gesprochen worden sei, woraufhin J.D. sagte, dass er darauf schon eingegangen sei und Hohnstädter das mitbekommen haben sollte.
Hohnstädter verwies dann auf die polizeiliche Vernehmung, in der J.D. angegeben habe, mit einem Beschuldigten darüber gesprochen zu haben und hielt ihm die Stelle vor, in der es um die Scout-Funktion, Hämmer mit einem Gewicht von 200 – 500 Gramm und Pfefferspray in der typischen Größe gegangen sei und meinte, dass die Aussage missverständlich sei und J.D. sagen solle, ob es sich um eine Aussage im Präteritum handeln würde oder nicht. J.D. hat die Frage nicht verstanden und der Vorsitzende klärte auf, dass die Frage sich darauf beziehen würde, ob er das Gespräch zum Gewicht der Hämmer auf Eisenach bezogen habe, was J.D. verneinte; die angegebenen Gewichte seien Erfahrungswissen und nicht Teil von Gesprächen gewesen.
Die nächste Frage bezog sich auf das in Kauf nehmen tödlicher Verletzungen von Nazis, was er wohl im ZSP rekapituliert habe. Hier wollte Hohnstädter wissen, ob dies vor dem 14.12.2019 schon diskutiert worden sei. J.D. sagte, das sei nie das Ziel der Beteiligten oder Angeklagten gewesen. Hohnstädter wollte genauer wissen, ob J.D. einen Beschuldigten vor dem 14.12.2019 gefragt habe, was passiere, wenn jemand zu Tode komme. Die Verteidigung hakte ein und beanstandete dies als Wiederholungsfrage, der Vorsitzende meinte jedoch, dass diese Frage so konkret noch nicht zu Eisenach gestellt worden sei. J.D. beantwortete die Frage und meinte, er habe den Beschuldigten wegen der Hämmer gefragt, was das Level sein soll und dieser habe geantwortet, dass niemand getötet werden solle.
Hohnstädter machte erneut einen Vorhalt aus den polizeilichen Vernehmungen, in dem es um mögliches zu Tode kommen und Tatwerkzeuge gegangen sei und J.D. angegeben habe, Leute würden unterschiedlich ticken, wozu als Beispiel ein Gespräch mit dem Beschuldigten zu Eisenach angeführt worden sei, bei dem es um die Tatmittel gegangen sei. J.D. habe dort seine Bedenken geschrieben, dass er nicht wolle, dass jemand zu Tode komme und der Beschuldigte habe geantwortet, dass das nicht die Absicht sei. Die Verteidigung unterbrach den Vorhalt, weil J.D. diese Aussage nicht revidiert hat, woraufhin Hohnstädter den Verteidiger als Sprachclown bezeichnete und der Vorsitzende diese Beleidigung übergehend den Vorhalt zuließ. In einem weiteren Streit zwischen der Verteidigung, dem Senat und der Nebenklage warf Hohnstädter einem anderen Verteidiger vor, dass dieser ihn immer verleumden würde. Die Verteidigung wollte daraufhin protokolliert haben, dass Hohnstädter sie als Sprachclown bezeichnet hat, was der Vorsitzende mal wieder nicht gehört haben will und den Nebenkläger aufforderte, seinen Vorhalt vorzulesen.
Fragen zu bestimmten Personen und weiteren Taten
Hohnstädter kam nun auch zurück auf das Training bei dem Fußballverein und stellte Fragen zu einem der von J.D. angegebenen Trainer. Hohnstädter fragte J.D. detailreich zu diesem ab; J.D. gab zu allen Fragen Antworten.
Dann fragte Hohnstädter, ob J.D. etwas zu einem Angriff auf den Kategorie C Gitarristen in Connewitz wissen würde, woraufhin die Verteidigung sich einschaltete und meinte, dass er jetzt nicht alle Vorfälle der letzten zehn Jahre durchgehen kann. Der Vorsitzende hielt auch diese Frage nicht für unzulässig und fragte J.D., ob er etwas vom 22.08.2019 wisse. J.D. meinte, er habe dazu etwas gesagt, aber dies sei ihm gerade nicht erinnerlich. Dann kam Hohnstädter erneut auf den Einsatz von Polizeiwesten als Tarnung bei Angriffen zu sprechen und wollte erneut wissen, ob J.D. etwas dazu sagen könne, welcher meinte, er könne sich daran nicht erinnern.
Hohnstädter wollte wissen, ob es auch Ausfahrten nach Leipzig selbst gegeben habe, was J.D. bejahte und den 12.12.2015 benannte; er erinnere sich an einen Nazi-Aufmarsch in Leipzig-Connewitz. Hohnstädter wollte wissen, ob J.D. an Aktionen anlässlich dieses Aufmarsches dabei gewesen sei oder in der Wohnung des Anmelders bei der Aktion teilgenommen habe. J.D. bezog sich dann doch auf sein Aussageverweigerungsrecht und der Vorsitzende protokollierte dies.
Die Verteidigung beantragte hiernach eine Pause, da der Nebenklageanwalt schon mehrfach seine letzte Frage angekündigt hat, aber nicht zum Ende kam. Die Verfahrensbeteiligten, insbesondere der Vorsitzende, bekommen gar nicht mehr mit, was hier passiert.
Der Vorsitzende lehnte dies ab und forderte Hohnstädter auf, nun seine letzte Frage zu stellen.
Hohnstädter fragte, ob J.D. sein Stadtverbot eroiert habe, ob er dem entgehen wollte und ob Sanktionen gedroht hätten. Auf diese Frage hin wurde J.D. auch gegenüber der Nebenklage redselig und meinte, dass ihn das auch interessieren würde, wem gehöre denn die Stadt. Er sagte, dass ein Hausverbot vielleicht Sinn mache, aber kein Stadtverbot. Er wisse nichts von Konsequenzen, hätte sich aber davon auch nicht aufhalten lassen, er wisse nicht, wie Leute das hätten durchsetzen wollen. Wenn die Leute das so wollen, hätte man sie in dem Glauben lassen können, dass sie die Kontrolle haben.
Der Vorsitzende warf ein, dass er den Slogan „Unsere Stadt, unsere Regeln“ aus anderen Zusammenhängen kennen würde.
Um 16:30 verließ J.D. mit Anhang den Saal und der Vorsitzende wendete sich an die Verteidigung, um eine Einschätzung ihrerseits zu bekommen, wie lange deren Befragung von J.D. in Anspruch nehmen würde. Die Verteidigung gab an, dass allein der Komplex zu der Ansprache durch den Verfassungsschutz und der Übergabe an die Polizei vielleicht einen Tag dauern würde.
Der Vorsitzende bekundete die Sorge, dass die Verteidigung in diesem Zusammenhang nach dem Aufenthaltsort des Kronzeugen fragen würde, was diese verneinte. Schlüter-Staats könne sich jedoch gar nicht vorstellen, wie ein Tag mit zulässigen Fragen dazu gefüllt werden könne.
Dann kündigte er an, dass sie jetzt schon einmal Termine für Dezember blocken würden und schloss die Sitzung.
Der nächste Prozesstag ist der 29.09.2022 um 09:30 Uhr am OLG Dresden.