Seit November 2020 ist bekannt, dass gegen mindestens zehn Beschuldigte ein Verfahren nach § 129, Gründung beziehungsweise Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, geführt wird. Die vorgeworfenen Taten, Angriffe auf Faschisten in Ostdeutschland, erstrecken sich über einen Zeitraum von zwei Jahren, 2018 bis 2020.
Die sogenannte Vereinigung ist ein offensichtliches Konstrukt der Sicherheitsbehörden und des Staates, in welchem die Soko LinX , welche in Sachsen seit einiger Zeit ihr Unwesen treibt und für etliche Skandale gesorgt hat, besonders hervortritt. Das Konstrukt des Generalbundesanwalts, der als politischer Akteur der Bundesregierung gilt und somit deren politische Bestrebungen umsetzt, soll dazu dienen, ein Exempel zu statuieren, um emanzipatorische Bewegungen einzuschüchtern und die Macht des Staates zu demonstrieren.
Das Konstrukt der Vereinigung basiert auf einer Strukturvorstellung, die emanzipatorischen Ideen fern liegt. Den Beschuldigten wird so eine hierarchische Organisierung unterstellt, in der es Anführer:innen geben soll, denen in einer Soldatenmanier gefolgt wird.
Diese Hervorhebung einzelner Hierarchisierung sorgt für eine Spaltung der Beschuldigten, welche nun nicht gemeinsam angeklagt werden. Repression verbindet, da Beschuldigte und Angeklagte fremdbestimmt vereinigt werden, ist es nur folgerichtig, der Repression kollektiv zu begegnen, doch in diesem Fall wird der Spaltungsversuch auf die Spitze getrieben.
Seit September letzten Jahres sitzen vier der Beschuldigten auf der Anklagebank vor dem Oberlandesgericht Dresden. Weitere vier Beschuldigte wurden abgetrennt und das Verfahren an die Generalstaatsanwaltschaft Gera abgegeben, wo sie nun auf eine Anklage durch eben diese warten. Natürlich hat der aktuell laufende Prozess in Dresden einen Einfluss auf die anderen Beschuldigten im Verfahren: Sollte das Gericht in Dresden in den Angeklagten entgegen der Vernunft wirklich eine Vereinigung sehen, wird die Verurteilung zur Blaupause für weitere Anklagen. Dadurch sinkt das Risiko sich bei acht Beschuldigten im eigenen Konstrukt zu verheddern. Außerdem erschwert die Abtrennungen einen kollektiven Umgang mit den Anschuldigungen.
Entscheidungen, die in Dresden getroffen werden, haben Auswirkungen auf die anderen Beschuldigten, diesen Druck auszuhalten und trotz dessen alle Konsequenzen zu bedenken und die Diskussionen gemeinsam zu führen, stellen eine große Herausforderung dar, vor allem, wenn die Gruppe der Beschuldigten derart erdichtet ist und eine von ihnen seit weit über einem Jahr in Haft sitzt und keinerlei Möglichkeit hat, sich an den Diskursen zu beteiligen.
Gerade die Haft einer Person und die damit einhergehende Isolation spaltet die Beschuldigten in besonderem Maß. Die Kommunikation ist kaum möglich, ein Austausch unter Haftbedingungen erschwert, die Konfrontation mit der Inhaftierung, schürt Ängste und erhöht die Verantwortung gegenüber eben jener Person, welche nicht zufällig die einzige Frau unter den Beschuldigten ist, die die geringsten Handlungsoptionen hat.
Hinzu kommen weitere Repressionsschläge, die mit dem Verfahren in Zusammenhang stehen und potentiell die angebliche Vereinigung vergrößern. Weitere Personen werden durchsucht, überwacht und mit Maßnahmen konfrontiert, die in Zusammenhang mit dem Verfahren stehen. Die Willkür hat ein Ziel, sie soll einschüchtern und dafür sorgen, dass Menschen sich voneinander distanzieren, ineinander eine potentielle Gefahr sehen und eine gemeinsame Stärke zur Schwäche wird.
Eine Zuspitzung der Situation stellt die Vorladung eines Beschuldigten, aber derzeit nicht Angeklagten im Verfahren, dar. Die Person war als solidarischer Zuschauer im Saal und wurde durch den Vorsitzenden Schlüter-Staats des Gebäudes verwiesen und als Zeuge vorgeladen. Es ist wahrscheinlich, dass es nicht bei der einen Person bleibt und weitere Vorladungen folgen werden.
Allein die Annahme, dass die Beschuldigten gegeneinander aussagen würden, verdeutlicht, dass die politische Idee, die den Beschuldigten vorgeworfen wird, mitnichten von einem Gericht, einer Staatsanwaltschaft oder irgendeiner anderen autoritären Institution verstanden werden kann.
Auch wenn sich Beschuldigte im Verfahren grundsätzlich auf ein Aussageverweigerungsrecht beziehen können und nichts sagen müssen, hat der Vorsitzende dieses Verfahrens bereits bewiesen, dass er dieses Gesetz nach seinen Maßstäben auszulegen vermag.
Die Option, dass Menschen, sofern sie nicht gegen andere aussagen, mit Repression rechnen müssen, ist eine Eigenheit des deutschen Rechtssystems, in dem es nur die Ausnahme der Verwandtschaft oder Verschwägerung gibt oder eben jene Gefahr, sich selbst zu belasten.
Derjenige, der nun vorgeladen wurde, sieht sich mit einer potentiellen Strafe konfrontiert, sofern er nicht vor Gericht aussagt. Eine mögliche Strafe im Falle des Schweigens von Zeug:innen ist die Beugehaft. Eine Haft unter Isolationsbedingungen, die bis zum Ende des Prozesses und maximal sechs Monate lang vollstreckt werden kann. Menschen werden eingesperrt mit der Option, jederzeit die Haft zu beenden, sofern sie eine Aussage machen. Die eigene Freiheit wird als Spielball genutzt, um Menschen unter Druck zu setzen, Freund:innen und Genoss:innen sowie politische Ideen zu verraten.
Auch wenn wir uns auf Anna und Arthur verlassen können, keine Aussagen vor Gericht machen und uns nicht auf ihr Spiel einlassen, besteht die Gefahr, dass wir mit Repression konfrontiert werden.
Auf diese Versuche der Einschüchterung und Individualisierung müssen wir uns gemeinsam vorbereiten und eine offensive Strategie dazu entwickeln. Die Willkür des Senats und die Möglichkeit, dass noch weitere Freund:innen und Genoss:innen geladen werden, darf nicht unbeantwortet bleiben. Wir müssen die Konsequenzen, die diese Zeug:innenvorladungen haben und haben können gemeinsam auffangen und zeigen, dass niemand allein gelassen wird. Sowohl im Gericht als auch auf den Straßen wollen wir unsere Genoss:innen solidarisch begleiten und unsere gemeinsame Stärke gegen ihre Versuche der Isolation nutzen.
Unsere Solidarität gegen ihre Repression