Kundgebung: „Drinnen und draußen – Hand in Hand!“

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Wir teilen den Aufruf des anarchistisch feministischen Anti-Knast-Bündnisses zur Kundgebung an der Frauen-JVA Chemnitz:

„Kurz vorm internationalen Frauenkampftag oder feministischen Kampftag, dem 8. März, rufen wir für den 4. März 2023 von 16 bis 18 Uhr zu einer Kundgebung vor der Frauen-JVA Chemnitz auf.

Seit 2016 bestehen Kontakte zwischen gefangenensolidarischen Gruppen und inhaftierten Frauen und queeren Menschen der JVA Chemnitz. Und seit 2017 organisieren wir jährlich diese Demo. Seit der Inhaftierung von Lina finden unterm Jahr außerdem weitere, kleinere Kundgebungen für Lina und die anderen Gefangenen statt, die wir auch unterstützen. Wir möchten nun auch dieses Jahr den Feministischen Kampftag zum Anlass nehmen, um unsere Solidarität mit den inhaftierten Frauen und queeren Menschen in der JVA zu zeigen.

Denn erstens gibt es genug Menschen in Haft, die wie wir für die Befreiung der Frau und von queeren Menschen eintreten. So schreibt eine Gefangene aus Aichach in ihrem Grußwort für die Kundgebung vor der JVA Chemnitz vom 17. Dezember 2022: „Liebe Feministinnen, liebe Teilnehmer, ich bin selber in einer JVA in Haft und ich finde es gut, dass sich das weibliche Geschlecht stark macht für Gleichbehandlung und Gleichstellung in der Gesellschaft. Auch bin ich froh, dass Frauen, die dazu stehen, eine Frau zu lieben, in der Öffentlichkeit auf keinen Fall mehr diskriminiert werden. Es klingt so einfach auf dem Papier. In der Umsetzung hapert es noch etwas.“

Und zweitens gehören die inhaftierten Frauen der JVA Chemnitz zu den am meisten unterdrückten Frauen in unserer Gesellschaft. Sie sind ihrer Freiheit und vieler Möglichkeiten beraubt und tragen dennoch oft die Verantwortung für Kinder und Familie. Sie arbeiten in Vollzeit in verschiedenen Betrieben, z. B. in der Wäscherei und auch für Abnehmer:innen und Kund:innen draußen (schaut gerne mal auf die Seite des Justizministeriums: www.gitterladen.de), aber erhalten nur 1 bis 2 Euro die Stunde. Langstrafer:innen arbeiten über viele Jahre, aber diese Zeiten werden ihnen bei der Rente nicht anerkannt. Sie kommen aus gewaltvollen Verhältnissen und Abhängigkeiten von Männern; im Knast erleben sie aber die Gewalt des Staates und werden durch die Isolation noch abhängiger gemacht. Sie haben große Probleme mit ihrer psychischen und körperlichen Gesundheit, aber die medizinische Versorgung ist vollkommen unzureichend, gerade in der JVA Chemnitz. Sie wollen leben und zu oft müssen sie sterben, so wie Sophie, die sich im August 2021 das Leben nahm, und erst vor wenigen Monaten Caro, die kurz nach Ihrer Entlassung an einer Überdosis starb.

„Gerechte Strafe“, meinen manche zynisch. Doch zum einen soll die angeblich „gerechte Strafe“ nach den Gesetzen des Staates der Freiheitsentzug unter ansonsten gleichen Lebensbedingungen sein, nicht zusätzliche Ausbeutung, Erniedrigung und medizinische Unterversorgung. Und zum anderen sind wir der Ansicht, dass das Wegsperren und Brechen einzelner Menschen nicht die sozialen Probleme löst, die die Kriminalität hervorbringen. Wir halten das Gefängnis vielmehr für eine brutale und unmenschliche Einrichtung, die abgeschafft gehört.

Es gibt aber auch in der JVA Chemnitz immer Gefangene, die sich gegen dieses ungerechte System wehren und sich für sich und ihre Mitgefangenen einsetzen. Von 2016 bis 2020 organisierten sich viele Inhaftierte in der Gefangenen-Gewerkschaft. Im September 2017 protestierten 40 Gefangene mit einem anderthalbstündigen Sitzstreik im Gefängnishof gegen die Kürzung der Aufschlusszeiten. Zu Beginn der Pandemie, im April 2020, unterzeichneten 70 Inhaftierte einen Forderungsbrief an die Anstaltsleiterin. Letztes Jahr haben Gefangene Unterschriften gegen den Anstaltsarzt gesammelt. Dabei können sie auf Unterstützung von draußen zählen, zum Beispiel in Form der häufigen Solidaritätskundgebungen vor der JVA.

Der Staat reagiert darauf immer wieder mit Repressalien. Seien es die Zensur der Post und wiederholte Zellenrazzien gegen engagierte Inhaftierte sowie Strafverlegungen und Einschluss nach dem Sitzstreik oder die Angriffe der Polizei auf die zwei ersten Solidaritätsdemos zur JVA in den Jahren 2017 und 2018.

Kommt zu unserer Demo und zeigen wir gemeinsam, dass wir uns davon nicht beeindrucken lassen. Zeigen wir auch unseren Freund:innen, Mitstreiter:innen, Schwestern, Töchtern und Müttern in Haft, dass wir an ihrer Seite stehen. Wir werden Grußworte von Gefangenen hören, Musik spielen und tanzen sowie Postkarten an inhaftierte Frauen schreiben.

Erst zur Kundgebung vom 17. Dezember 2022 lasen wir die folgenden Worte von Nancy, einer langjährigen Freundin und engagierten Gefangenen aus der JVA Chemnitz: „Du kannst gerne von mir sagen an alle in Haft: Steht endlich auf und kämpft gegen die Ungerechtigkeit, die ihr tagtäglich erlebt, und habt auch genug Rückgrat, auch nach Rückschlägen, weiter für eure Rechte einzustehen. Und an alle draußen: Vergesst eure Freunde, Mütter, Väter und Geschwister nicht hinter diesen Mauern, weil ihr seid die Kraft, die wir brauchen, um täglich aufrecht zu gehen!“

Feministisches Antiknast-Bündnis

Hard Facts:

Was: Anarchistisch Feministische Antiknast Kundgebung
Wann: 04.03.2023, 16:00 – 18:00 Uhr
Wo: JVA Chemnitz, Thalheimer Straße 29, 09125 Chemnitz

Es wird eine gemeinsame Zuganreise aus Dresden und Leipzig nach Chemnitz geben. Mehr Infos folgen später. Bringt eure Freund:innen und Fahnen und Transpis mit zur Kundgebung!“