Leipzig, den 03.11.2021
Am 5. November 2021 jährt sich die Untersuchungshaft der Antifaschistin Lina E. Das Solidaritätsbündnis Antifa Ost und andere solidarische Gruppen rufen daher am 4. November 2021 zu einer Demonstration in Dresden auf. Diese startet um 14:00 Uhr am Bahnhof Dresden Neustadt, führt über den Bischofsplatz und endet mit einer Kundgebung ab 16:00 Uhr vor dem Oberlandesgericht, in welchem zeitgleich der 13. Prozesstag stattfindet.
Das Verfahren wird vom Generalbundesanwalt mit hohem Ermittlungsaufwand und Personaleinsatz geführt. Die sächsische Sonderkommission ‚Soko LinX‘ nimmt hierbei eine besondere Position ein. Das erklärte Interesse beider Institutionen ist es, eine sogenannte „kriminelle Vereinigung“ zu konstruieren. „Im Laufe des Verfahrens konnten bislang weder die Gründung noch die Organisation dieser vermeintlichen Gruppe ausgeführt werden. Die Bundesanwaltschaft hält jedoch an ihrer These fest, obwohl es zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Anlass dazu gibt, von einer kriminellen Vereinigung auszugehen“, stellt Marta Zionek, Sprecherin des Solidaritätsbündnis Antifa Ost, fest. In Sachsen gab es in den letzten Jahren einige solcher Ermittlungen nach § 129, die jedoch allesamt ergebnislos eingestellt werden mussten.
Das Solidaritätsbündnis verurteilt die Inhaftierung von Lina und kritisiert scharf, dass ihr eine ausreichende medizinische Versorgung erschwert wurde. Lina leidet an einer rheumatischen Arthritis, einer chronischen Erkrankung, die regelmäßiger Behandlung bedarf. Durch fahrlässiges Behördenhandeln konnte sie erst nach sechs Monaten einen dringenden Kliniktermin wahrnehmen. Mit der Folge einer irreversiblen Verschlechterung ihrer Erkrankung. „Lina wird ihr Leben lang mit den vermeidbaren Folgen der Fahrlässigkeit der Behörden leben müssen“, so Zionek. Zusätzlich war sie anfangs zahlreichen Schikanen ausgesetzt: Zwei Wochen lang brannte das Licht in ihrer Zelle ununterbrochen, auch nachts wurden alle zwei Stunden ihre Vitalzeichen überprüft, 24 Stunden am Tag stand sie unter Beobachtung. „Ihre Inhaftierung im Zusammenspiel mit der Anwendung des § 129 bewerten wir, sowie ihre Verteidigung, als Inszenierung eines politisch motivierten, unfairen Prozesses und als eine vorverurteilende Bestrafung.“, so die Sprecherin des Solidaritätsbündnisses.
Dass es im Antifa Ost-Verfahren um mehr als strafrechtliche Ermittlungen geht, zeigte sich auch anderweitig. So erschien ein Beamter der Soko LinX zu seiner Zeugenvernehmung unüblicherweise mit einem Anwalt und berief sich im Zeugenstand auf sein Auskunftsverweigerungsrecht, als er zur Weitergabe von Informationen an Neonazis befragt wurde. Damit gestand ein federführender Ermittler im Antifa Ost-Verfahren ein, des Verrats von Dienstgeheimnissen verdächtigt zu sein. Gegen die Sonderkommission werden diesbezüglich mittlerweile Ermittlungen angestellt. Anzeigen gegen selbige liegen von Privatpersonen, aber auch vom Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung, der JVA Chemnitz und sogar vom LKA selbst vor.
Neben widerrechtlichen Veröffentlichungen von Akteninhalten durch das rechtsradikale Compact Magazin ist die Weitergabe von internen Informationen für die Aussage der vermeintlich Geschädigten besonders relevant. Zeugen wie der Neonazikader Cedric Scholz oder andere JN-Aktivisten wie Lukas Zahner oder Ben Heller verstrickten sich häufig in Widersprüchen, da sie versuchten, Details aus den Ermittlungsakten wiederzugeben, die sie bei ihren früheren polizeilichen Aussagen nicht erwähnten. Diese Verstrickungen und augenscheinliche Informiertheit lassen immense Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen aufkommen. Zionek meint weiterhin dazu: „Vor der Tatsache, dass Beamte der Soko LinX Informationen an rechte Akteure in diesem Verfahren weitergeben, kann mittlerweile auch der Vorsitzende die Augen nicht mehr verschließen. Dieser Fakt ist auch jenseits des konkreten Falles ein rechtspolitischer Skandal. In einem fairen Verfahren haben solche Ermittlungsmethoden und Beeinflussungen nichts zu suchen.“