Der nachfolgende Bericht wurde uns von kritischen Beobachter:innen zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt:
Vorab
Für die Menschen, die mit den Verfahren in Meiningen und Dresden nicht so vertraut sind, eine kurze Erläuterung:
Johannes Domhöver (im folgenden D.) war in Meiningen am 27.02.2023 wegen des Angriffs auf Leon Ringl (Betreiber des Nazitreffpunkts „Bull’s Eye“ in Eisenach) am 14.12.2019 wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung angeklagt.
Dieser Angriff ist auch ein Anklagepunkt („Eisenach 2“) beim Prozess vor dem OLG Dresden gegen 4 Genoss:innen u.a. wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung.
D. war an Eisenach 2 beteiligt.
Im Oktober 2021 wurden Vorwürfe wegen Vergewaltigung und sexualisierter Gewalt gegen D. öffentlich. Ein Teil der Szene stellte daraufhin jede Unterstützung und Solidaritätsarbeit für D. ein.
D. siedelte daraufhin nach Warschau um und wurde im Frühjahr 2022 vom Verfassungsschutz und LKA Sachsen als Kronzeuge angeworben.
Er sagte dann beim LKA umfangreich über Strukturen und Zusammenhänge der Antifa aus.
Seine Aussage umfasst ca. 140 Seiten.
Ab 28.07.22 wurde er dann an zwölf Verhandlungstagen als Kronzeuge beim Verfahren in Dresden befragt.
D. war in Meiningen nur wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung angeklagt, nicht wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung.
Prozessbericht Meiningen
Am 27.02.2023 fand am Landgericht Meiningen die Hauptverhandlung gegen Johannes Domhöver statt, dem die Staatsanwaltschaft gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung vorwarf.
Schon in der Umgebung des LG kam es vor der Verhandlung zu umfangreichen „Vorkontrollen“ vermeintlicher Prozessbeobachter:innen durch ein großes Aufgebot an bewaffneten Mitgliedern der Trachtengruppe: in Bahnhofsnähe und auf dem Zugangsplatz zum LG wurden Leute gefilzt, auf der Zufahrtsstraße zum LG ein PKW mit ortsfremden Kennzeichen regelrecht auseinandergenommen bei der Suche nach irgendwas. Großes Bullereiaufgebot und zwei Kontrollen mit Metalldetektoren, betatschen und Hosentaschengefummel auch im Gebäude.
Domhöver betrat den Saal bekleidet mit einem schwarzen Umhang, großen grünen Handschuhen und einem Aktenordner vor dem Gesicht. Sonstige Prozessbeteiligte: 1. Große Strafkammer unter Vorsitz von Richter Wolfgang Feld-Gerdes, Staatsanwalt, zwei Verteidiger sowie RA Hentze als Vertreter des Nebenklägers Maximilian Andreas.
Um 9:10 Uhr begann die Verhandlung mit der Feststellung der Personalien Domhövers durch den Vorsitzenden und der Feststellung, dass D. sich im Zeugenschutzprogramm befindet.
Anschließend verlas der Staatsanwalt die ausführliche Anklageschrift, die sich im Wesentlichen mit den Tatvorwürfen und den im Dresdner Verfahren zum Stichwort „Eisenach 2“ geschilderten Abläufen deckt.
Kurz zusammengefasst: am 13./14.12.2019 sollen insgesamt neun Personen (alle namentlich genannt) mit insgesamt drei PKWs (auch differenziert aufgeführt) nach Eisenach gefahren sein, um dort den Betreiber der Nazikneipe „Bull’s Eye“, Leon Ringl, zu überfallen. D. soll hierbei als Scout fungiert haben, dessen Aufgabe es gewesen sein soll, zu beobachten, wann Ringl seine Kneipe verließ und ob er sich danach direkt auf den Heimweg begab. Dies sollte D. dann an einen Beschuldigten weitermelden. Sowohl Ringl als auch dessen Begleiter Ackermann, Andreas und Schwaab sollen dann von den benannten Personen angegriffen worden sein, wobei Ringl den Angriff auf sich durch Drohen mit einem Cuttermesser und Pfefferspray abgewehrt haben soll, während sich seine Begleiter in ihrem zunächst nicht anspringenden PKW, mit dem sie der Situation entkommen wollten, befanden. Nachdem der PKW mit einem Hammer (Anmerkung des Autors: Dass ein Hammer als sogenanntes Tatwerkzeug eingesetzt wurde, beruht lediglich auf der Aussage von Andreas im Dresdner Prozess. Gefunden wurde in den Autos bei den anschließenden Festnahmen und Durchsuchungen keiner.), Stangen und Teleskopschlagstöcken „entglast“ worden ist, sollen die Insassen durch Schläge und Pfefferspray Platzwunden, Prellungen und Augenreizungen davongetragen haben. Schließlich sprang das Auto an und die drei konnten sich entfernen. Das Ganze soll stattgefunden haben am 14.12.2019 zwischen 3:12 und 3:15 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt soll sich der Angeklagte D. mit einem der drei PKWs bereits wieder auf dem Weg nach Berlin befunden haben. Erwähnt wurde, dass er diesen PKW von einem der in Dresden angeklagten Genoss:innen erhalten haben soll.
Im Anschluss an die Verlesung der Anklageschrift wollte die Nebenklage einen Adhäsionsantrag (d.h., dass ein eigentlich zivilrechtlich zu verhandelnder Sachverhalt wie z.B. eine Schmerzensgeldforderung in einem laufenden Strafprozess mit verhandelt werden kann) wegen einer Schmerzensgeldforderung des Geschädigten Andreas an D. stellen. Da dieser Antrag nur der Verteidigung, nicht aber dem Gericht vorlag, wurde dies auf später verschoben.
Der Vorsitzende erteilte nun D. das Wort und bat ihn um Angaben zu seiner persönlichen Entwicklung, die D. dann in aus Dresden bekannter Ausführlichkeit darstellte. In Kürze zusammengefasst: politischer Werdegang in Schule, Ausbildung und Antifa Nürnberg. 2016 wurde er auf einer Demo in Paris verhaftet. Neue politische Kontakte entstanden, 2017 Umzug nach Berlin. Klare Aussage: Gewalt ist ein legitimes Mittel. 2017 sollen Kampfsporttrainings als Vorbereitung auf Überfälle gegen Neonazis stattgefunden haben.
Die 2021 erhobenen Vorwürfe gegen ihn wegen sexualisierter Gewalt und Vergewaltigung seien unzutreffend und hätten zu inhaltlichen Differenzen geführt. Das habe ihn schließlich dazu gebracht, seinen eigenen Weg zu gehen und die Geschichte nicht weiter aussitzen zu wollen, sondern endgültig aus der Szene auszusteigen. Er zog von Berlin nach Warschau, um dort eine Stelle als Erzieher in einem deutsch-polnischen Kindergarten anzunehmen. Er fühlte sich jedoch weiterhin von der Szene bedroht und verfolgt. Durch sein Outing drohte ihm der Jobverlust in der Kita. Am 11.11.2021 wurde er als „Beobachter“ einer Faschodemo in Warschau von Nazis erkannt und angegriffen. Bald darauf nahm dann der Verfassungsschutz Kontakt zu ihm auf.
Bevor der Vorsitzende nun D. zum eigentlichen Tatvorwurf befragte, merkte er an, dass D. auch ohne eigene Angaben zur Sache wegen der Beweislage vom Gericht verurteilt werden würde und zählte eine Reihe von D.s Vorstrafen auf: etliche Geldstrafen wegen Sachbeschädigung, Schwarzfahren und Zechprellerei sowie eine Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt wegen schwerem Landfriedensbruch im Zusammenhang mit einer Demo vor dem EZB-Gebäude in Frankfurt/M. in 2015. Anmerkung: die Bewährungszeit war zum Zeitpunkt des Überfalls in Eisenach noch nicht abgelaufen.
Auf die Frage des Vorsitzenden zum Tathergang und „wie er da reingeraten“ sei, antwortete D., dass er im Chat eine Anfrage eines Beschuldigten wegen einer geplanten Aktion in Eisenach erhalten habe. Wegen seiner laufenden Bewährung wollte er hierbei allerdings nur als Scout fungieren. Eine Zusammenarbeit in der Vorbereitung der Aktion gab es mit einem der in Dresden und mit einem in einem anderen Verfahren angeklagten Genossen (Anm. des Autors: beide benannte er namentlich). Die konkrete Ablaufplanung erfolgte am Abend über die telefonische Verständigung mit dem Beschuldigten.
Ringl sei als Aktionsziel wegen seiner exponierten Position in der Eisenacher/Thüringer Faschoszene ausgewählt worden. Außerdem sollte der Überfall auf ihn, den „Fehlschlag“ des Überfalls auf’s „Bull’s Eye“ ausbügeln.
Am 13.12. seien dann insgesamt neun Leute, die er alle namentlich nannte, von denen er zwei Genossen, die in Erfurt zugestiegen seien, vorher nicht gekannt habe, mit drei PKWs nach Eisenach gefahren.
D. bejahte die Frage des Vorsitzenden, ob Ringl’s Wohnanschrift in Eisenach bekannt gewesen sei. Sie sei ca. 1,1 Km vom „Bull’s Eye“ entfernt gewesen. Nachdem D. beobachtet habe, wie Ringl das „Bull’s Eye“ verlassen hatte, habe er das Auto, in dem Ringl mitfuhr, bis zu dem Abzweig, an dem dieses tatsächlich Richtung Ringls Wohnung abbog, verfolgt und seine Beobachtungen per Standleitung an die beschuldigte Person weitergegeben. Danach habe es keine weitere Verbindung zu der Person gegeben. Er habe deshalb befürchtet, dass irgendwas schiefgegangen sei, sei nach Berlin zurückgefahren und habe dort die Wohnung „sauber gemacht“.
Nach dem Vorsitzenden stellte auch der Staatsanwalt einige wenige Fragen an D. zum Ablauf: ob und wie über die Ausrüstung für den Überfall gesprochen wurde, ob Hämmer und Pfefferspray mitgenommen wurden, ob über die Kleidung gesprochen wurde und wie der Einsatzplan ausgesehen habe. D. verwies auf den Chat mit dem Beschuldigten und dass in der Regel „Funktionskleidung bei Straftaten“ getragen wurde. Im Einsatzplan wären Scouts, Absicherer/Beobachter und ein „Schlägertrupp“ vorgesehen gewesen. Die Aktion sollte nicht länger als 30 Sekunden dauern. Auf die Frage – auch der Nebenklage -, ob mit Begleitpersonen von Ringl gerechnet worden ist und ob ein möglichst hoher Schaden wegen der personellen Besetzung von 9:1 angerichtet werden sollte, antwortete D., dass mit Begleitern gerechnet worden ist, die Personen verletzt werden sollten, es aber keine Tötungsabsicht gegeben habe.
Danach wurde verlesen,
- dass am 06.04.2022 die Nazis Ackermann, Andreas, Ringl und Schwaab festgenommen worden sind
- der Einsatzbericht der Bullerei von dieser Nacht
- die Zeugenaussagen einer Anwohnerin (eine sogenannte „neutrale Zeugin“) und des Anwohners J.M., Zollbeamter
- die Vernehmungsprotokolle der vier Geschädigten. Mit dem Einverständnis der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung reichte die Verlesung dieser Protokolle aus. Eigentlich hätten die vier als Zeugen geladen werden müssen.
- Die ärztlichen Atteste von Ackermann, Andreas und Schwaab. Ringl hatte sich kein Attest erstellen lassen und nach eigenen Angaben lediglich über Augenreizungen geklagt.
Es wurden Lichtbilder des Faschoautos von Schwaab gezeigt – nicht auf der vorhandenen Leinwand, sondern es wurde ein aufgeschlagener Aktenordner hochgehalten und gezeigt. Schwaab hat keinen Strafantrag wegen Sachbeschädigung gestellt. Der Schaden am Auto betrug 1000 €.
Nach Einschätzung des Vorsitzenden gab es nach den bisherigen Darstellungen in der Verhandlung keine Hinweise auf beabsichtigte schwere Verletzungen der Angegriffenen.
Der schon oben erwähnte und erklärte Adhäsionsantrag wurde inzwischen auch für das Gericht kopiert und von der Nebenklage vorgetragen. Es ging darin um eine Schmerzensgeldforderung des Nazis Andreas an D. in Höhe von 2000 € + Zinsen.
Anschließend wurden zwei geladene und auch erschienene Zeugen befragt:
Zunächst der Einsatzleiter der Eisenacher Bullerei vom 13./14.12.2019: Er berichtete über Ermittlungen wegen des PKW Smart, mit dem D. seinerzeit unterwegs gewesen ist und mit dem er auf Hin- und Rückfahrt von Berlin nach Eisenach insgesamt zweimal im Jenaer Tunnel geblitzt worden ist. Er berichtete außerdem, dass es bereits mehrere Überfälle auf das „Bull’s Eye“ gegeben hat und dass Ringl & Co bekannte lokale Nazigrößen sind, gegen die schon mehrfach ermittelt wurde.
Als zweiter erschien KHK Baum von der Soko LinX in der schon aus der Verhandlung in Dresden bekannten Verkleidung. Nachdem er mit Einverständnis des Vorsitzenden aus Gründen des eigenen Personenschutzes weder seinen Vornamen noch seine Wohnadresse nannte – er gab hier die Adresse seiner Dienststelle an –, berichtete er über sieben Vernehmungen von D., in denen dieser u.a.
- Angaben zu Tatbeteiligten in Eisenach gemacht hat
- Personen benannt hat, die der Soko LinX bis dahin nicht bekannt gewesen sind
- Angaben zur „Vereinigung“ gemacht hat
- Angaben zum Überfall auf das „Bull’s Eye“ gemacht hat.
D.s Angaben wurden von Baum als „schlüssig“ eingeschätzt. In D.s Angaben zur „Struktur der Vereinigung“ sah Baum eine Bestätigung der Annahmen der Soko LinX. Laut Baum hat das Outing für D. eine Rolle gespielt für dessen „Zusammenarbeit“ mit der Bullerei.
Die Vernehmungen D.s haben – das war der Verteidigung wichtig – ohne rechtlichen Beistand stattgefunden. Den solle es nur im Vorfeld der Vernehmungen gegeben haben. Außerdem war es der Verteidigung besonders wichtig, den „außergewöhnlichen Umfang“ der Aussagen Domhövers sowohl bei den Vernehmungen durch Baum als auch an zwölf Verhandlungstagen vor Gericht in Dresden darzustellen.
Mittagspause von 11:55 bis 13 Uhr.
13:10 Uhr
Antrag auf Schmerzensgeldzahlung von D. an Andreas:
D. erklärte sich bereit, 1.000,-€ in monatlichen Raten a 50,-€ zu zahlen.
13:20 Uhr
Schließung der Beweisaufnahme, Plädoyer Staatsanwalt
(vorab: der Staatsanwalt war für die Zuhörer:innen kaum/teilweise gar nicht zu verstehen, da er sehr leise sprach. Trotz mehrfacher Aufforderung von den Zuhörer:innen änderte sich das nicht.)
Ausführliche Beschreibung des Tathergangs.
Anschließend Bewertung der Tat bezogen auf den Angeklagten:
Der Angeklagte sei schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung. Er war zwar nicht unmittelbar an der Tat beteiligt, hat aber einen wesentlichen Tatbeitrag geleistet, ohne den die Tat nicht möglich gewesen wäre.
Er war an der Planung beteiligt und wusste, worum es ging.
Laut Strafgesetzbuch §224 ist bei gefährlicher Körperverletzung eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren möglich, in minder schweren Fällen von drei Monaten bis fünf Jahren.
Im Fall D. sei aber die Kronzeugenregelung §46 StGB anzuwenden, sodass ein Strafmaß von einem Monat bis sieben Jahren und sechs Monaten in Betracht komme.
Die Kronzeugenregelung sei anzuwenden
- weil D. ein umfassendes Geständnis abgelegt hat
- seine umfangreichen Aussagen beim LKA den Ermittlungsbehörden wesentlich geholfen hat
- vorher unbekannte Personen durch D. benannt wurden, sodass weitere Ermittlungsverfahren und Anklagen möglich wurden
- detaillierte Informationen über Zusammenhänge gegeben wurden
- D. Reue gezeigt und sich vollständig distanziert habe und zukünftig ein „normales bürgerliches Leben“ führen möchte.
Abschließend forderte der Staatsanwalt eine Strafe von einem Jahr und zehn Monaten, ausgesetzt auf vier Jahre zur Bewährung, zusätzlich eine Geldauflage von 2.000,-€.
(Kommentar eines Zuhörers zum Plädoyer des Staatsanwalts: „70% seiner Ausführungen dienten der Entlastung des Angeklagten“.)
13:55 Uhr
Der Vertreter der Nebenklage schloss sich der Staatsanwaltschaft insbesondere wegen „der positiven Sozialprognose“ für D. an.
14:00 Uhr
Plädoyer der Verteidigung
D.s Tatbeteiligung sei unstrittig.
In weiten Teilen (Tathergang, D.s Person) entsprach das Plädoyer den Ausführungen der Staatsanwaltschaft. Zum Strafmaß wurde ausgeführt, dass das Gesetz unter besonderen Umständen auch ermöglicht, von einer Verurteilung abzusehen.
Gründe hierfür könnten sein:
- Das umfassende Geständnis.
- D.s Aussagen, die eine „außergewöhnliche Tataufklärung in der linken Szene“ ermöglicht hat.
- Die Bereitschaft, Schmerzensgeld zu zahlen.
- Die gezeigte Reue und Distanzierung.
Zum wiederholten Mal betonte die Verteidigung den außergewöhnlichen Umfang der Aussagen D.s sowohl bei seinen Vernehmungen, als auch vor Gericht an zwölf Verhandlungstagen in Dresden.
Abschließend schlug die Verteidigung vor, D. zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen a 20,-€ zu verurteilen.
Bevor sich das Gericht zur Beratung zurückzog, fragte der Vorsitzende D., ob er sich statt Geldstrafe auch Arbeitsstunden vorstellen könne! D.s Antwort: “Ja, ich kann mir beides vorstellen.“
14:25 Uhr
Pause
15:00 Uhr
Urteil
D. ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und wird zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten, ausgesetzt auf 4 Jahre zur Bewährung verurteilt.
Er muss 1.500,-€ als Wiedergutmachung an den Weißen Ring bezahlen und 1.000,-€ Schmerzensgeld an den Nebenkläger Andreas.
Begründung:
D. „hat einen erheblichen Tatbeitrag geleistet“. Er war an Planung und Vorbereitung beteiligt und wusste, was passieren sollte. Er ist hierfür „hunderte von Kilometern gefahren“.
Zum Strafmaß wiederholte der Richter die Punkte, die schon der Staatsanwalt aufgeführt hatte. Insbesondere D.s umfangreiche Aussagen und seine Distanzierung wurden als strafmildernde Gründe wieder aufgeführt, „er ist ein Aussteiger“, dazu die Bereitschaft, Schmerzensgeld zu zahlen und seine „Reue“.
(Hierzu ist anzumerken, dass D. an keinem Punkt Reue gezeigt hat, indem er sich etwa entschuldigt hätte o.ä. Es bleibt das Geheimnis von Gericht und Staatsanwaltschaft, wie sie zu dieser Einschätzung kommen.)
Außerdem wurde noch zu erwähnt, dass D. zum Zeitpunkt des Angriffs auf Ringl im Dezember 2019 noch unter Bewährung wegen einer anderen Verurteilung (s.o.) stand, also normalerweise ins Gefängnis gemusst hätte. Der Vorsitzende führte aus, dass wegen der Kronzeugenregelung davon abgesehen werden kann.
Soweit das Protokoll. Folgendes möchte wir Protokollanten noch anmerken:
Die Einigkeit von Gericht, Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung in der Tatbeurteilung und der positiven Einschätzung des Angeklagten (Kronzeugen) D. ist schon sehr bemerkenswert. Außerdem übernahm das Gericht bei der Tatbeschreibung vollständig die Beschreibung aus der Anklage der GBA im Dresdner Prozess, obwohl dies dort sehr strittig und der Prozess noch nicht beendet ist.
Für das Landgericht Meiningen ist der Vorwurf, es handele sich bei den in Dresden Angeklagten um eine „kriminelle Vereinigung“ eine „100%ig“ bewiesene Tatsache. Ebenso, dass Lina bei dem Angriff auf Ringl das Kommando geführt habe.
So stellt es jedenfalls der vorsitzende Richter dar.
Auch dies ist in Dresden (zumindest offiziell) noch nicht abschließend bewertet worden.