Ein Kommentar zur Demonstration anlässlich Linas einjährigen Inhaftierung
Am 4.11.21 versammelten sich einige Dutzend Teilnehmer:innen, um lautstark gegen die andauernde Untersuchungshaft von Lina zu demonstrieren. Seit nunmehr einem Jahr kritisieren diverse politische Akteur*innen die Inszenierung und Dauer dieser überzogenen und vorverurteilenden Bestrafung. Dass Strafverfolgungsbehörden mit dem obersten Prinzip der Isolation und Marginalisierung arbeiten, ist bekanntermaßen ein wichtiger Bestandteil linker Kritik. An Linas Beispiel wird deshalb nur deutlich, was tausende Gefangene jeden Tag ertragen müssen: soziale Isolation, ökonomische Ausbeutung, rassistische Diskriminierung und unzureichende Versorgung, beispielsweise im medizinischen Bereich. Das Opening-Statement ihrer Verteidigung macht diese Erfahrungen nur allzu deutlich. Im Verlauf der Demonstration gab es solidarische Redebeiträge von Angehörigen und Unterstützer*innen. So wurde ein an Lina adressierter, anonym verfasster Brief verlesen, der die Trauer und die Wut über diese Maßnahme ausdrückt. Zu hören war auch ein Grußwort von Linas Mutter, die ihre Tochter seit 12 Monaten nur unter strengster Überwachung in der JVA besuchen darf. Die Solidaritätsgruppe ‚Notwendig‘ ist ein Bündnis von Antifaschist:innen, welches sich wegen des Gerichtsprozesses in Stuttgart gegen Dy und Jo zusammengeschlossen hat. Beide wurden vor wenigen Wochen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Gruppe resümierte ihre Erfahrungen und zeigte sich solidarisch mit den im Antifa Ost-Verfahren Angeklagten. Ebenso verlas die Kampagne „Free Adel – Free All Antifascists“, die sich wegen eines Verfahrens gegen einen Berliner Antifaschisten gegründet hat, ein solidarisches Grußwort. Leipziger Antifaschist:innen machten im nächsten Beitrag einmal mehr darauf aufmerksam, warum ein konsequenter Antifaschismus bei einem aktuell immer stärker werdenden Rechtsruck legitim und unabdingbar ist. Das Solidaritätsbündnis Antifa Ost schloss sich mit einem Redebeitrag thematisch an und zeigte die Absurdität auf, dass organisierte Neonazis und ihre Anhänger Morde planen aber Antifaschist:innen, denen vorgeworfen wird, dagegen vorgegangen zu sein, in Haft sitzen. Dies unterstrichen auch Menschen der SoKo Thüringen, die ebenfalls Beschuldigte im Verfahren unterstützen. Die Demonstration endete mit einer kraftvollen kleinen Kundgebung vor dem Oberlandesgericht Dresden, wo zeitgleich der 13. Prozesstag stattfand. Lina wurde bei ihrem Abtransport vom Gericht in die JVA von vielen solidarischen Menschen lautstark begleitet. Wir hoffen, dass ihr unsere Solidarität die notwendige Kraft gibt, all diese Strapazen durchzustehen.
Einstellung der Ermittlungen gegen Lina im „Prokuristin-Fall“
In den letzten Wochen überschlug sich erneut die mediale Berichterstattung über Lina. Mehrere Medien verbreiteten Informationen darüber, dass wohl nun auch im Fall des Überfalls auf eine Prokuristin im Jahr 2019 eine „heiße Spur“ zum Antifa Ost-Verfahren und speziell zu Lina führen würde. Es wurde sich darüber hergemacht, dass zu dem bunten Strauß an Vorwürfen nun noch einer – und dann ein so brisanter – hinzugekommen wäre. Die Informationen zu den Ermittlungen wurden schleunigst redaktionell verarbeitet, denn Lina E. ist mittlerweile eine Auflagen sichernde Schlagzeile – vor allem, wenn es um Beschuldigungen gegen sie zu gehen scheint. Denn entgegen aller zuvorderst gezeigten Kraftanstrengungen, scheinen sich die gleichen Redaktionen nur schwer damit auseinandersetzen zu können, dass eben genau diese Ermittlungen nun eingestellt wurden. Knapp zwei Wochen hat es gebraucht, bis die ersten einschlägigen Medien darüber berichteten. Einzelne Journalist:innen, aber auch Printmedien in Gänze nehmen im Antifa Ost-Verfahren eine enorm vorverurteilende Perspektive ein. Oftmals lassen die Medienvertreter:innen ihre subjektive Haltung zum Thema Gewalt gegen Nazis durchblicken und scheinen den professionellen Anspruch an ihrer Funktion als objektive Berichterstatter:innen zu ignorieren. Wir fordern das Ende dieser medial einseitigen Inszenierung ihrer Person!
Informationsschreiben des Generalbundesanwalts zum Antifa Ost-Verfahren
Wie uns zugetragen wurde, landeten vor Kurzem – mittels förmlicher Zustellung – gelbe Briefe in dutzenden Briefkästen. Der Absender: Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof. Der Inhalt ist wenig überraschend und dennoch skandalös! Es handelte sich um ein Informationsschreiben der Bundesanwaltschaft, aus dem hervorging, dass Menschen als Kontaktpersonen identifiziert wurden. Diese Identifizierung ist das Ergebnis langfristiger Überwachungsmaßnahmen, die unter anderem das Abhören von Telefonaten, Mitlesen von Nachrichten und Anfertigen von Bild- und Videoaufnahmen bei Observationen beinhalten. Der massive Eingriff in die Grundrechte dritter Personen wird unter dem Deckmantel polizeilicher Maßnahmen legitimiert. Adressen, Fotos und Telefonnummern, aber auch Freundschaftszusammenhänge werden dadurch sicherheitsbehördlich verwendbar. So kann die Soko LinX auch gänzlich ohne richterlichen Beschluss an Informationen gelangen, die dann als eine Art „Kollateralschaden“ verkauft werden. Diese Grundrechtsverletzung ist kein Einzelfall und nicht hinnehmbar! Antifaschist:innen sahen sich in einem anderen § 129-Verfahren derselben Situation ausgesetzt. Ihre Veröffentlichung wollen wir an dieser Stelle gern teilen:
Seit einigen Tagen, fast genau ein Jahr nach Offenlegung des § 129-Verfahrens gegen sieben Beschuldigte in Berlin, verschicken die zuständigen Sachbearbeiter:innen des Generalbundesanwalts Informationsschreiben an Dritt-Betroffene von Überwachungsmaßnahmen in dem laufenden Verfahren. Nach geltendem Gesetz sind die Behörden verpflichtet, die Personen zu informieren, welche im Zusammenhang mit Überwachungen der beschuldigten Personen identifiziert und verwertet wurden. Das heißt alle, die in Observationen, aufgebauten Kameras, Telekommunikationsüberwachungen oder in den verwanzten Fahrzeugen erkannt wurden, werden nun von der Bundesanwaltschaft darüber informiert. Aus den Briefen geht hervor, auf welcher Rechtsgrundlage der jeweilige Eingriff stattgefunden haben soll. Das heißt, Gültigkeitszeitraum des Gerichtsbeschlusses, bzw. der Anordnung durch die Bundesanwaltschaft werden benannt, genauso wie die jeweilige Maßnahme z.B. „längerfristige Observationen“, „Einsatz technischer Mittel“ oder „Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes außerhalb von Wohnungen“. Weiterhin wird im Schreiben explizit darauf hingewiesen, dass gegen die Dritt-Betroffenen nicht ermittelt wird. Wer möchte, kann einen Überprüfungsantrag stellen, um die Rechtmäßigkeit der Maßnahme feststellen zu lassen. Diese Informationsschreiben sind nicht gleichbedeutend mit einem Ende dieses Verfahrens, es besteht weiterhin die Möglichkeit, dass Menschen betroffen von operativen Maßnahmen und TKÜ‘s sind und sein werden. Es gilt weiterhin:
Anna und Arthur halten‘s Maul – Keine Spekulationen! Solidarität ist eine Waffe!Weitere Infos zum 129 Berlin//Athen:
Hardfacts: https://kontrapolis.info/586/o/586/
Update: https://kontrapolis.info/1905/
Quelle: http://kontrpolioglnxrcdwwxfszih4pifyidfjgq4ktfdu6uh4nn35vjtuid.onion/586/ [Tor]